
Der Trupp – die Kunst des grünen Zusammenspiels
Logbuch eines Gartenamtsleiters a. D.
von Ulrich Linder erschienen am 22.05.2025Nicht nur in den Trupps eines Gartenamts ist Teamwork alles – oder zumindest fast. Denn zwischen Baumschnitt und Sportrasenpflege ist die Zusammenarbeit oft so bunt wie die Flächen, die gepflegt werden. Man muss sich verstehen, klar, aber auch die Eigenheiten jedes Einzelnen wollen berücksichtigt sein. Wenn hier eine Dame nach taillierten Warnwesten verlangt und dort ein Kollege den ergonomischen Hightech-Spaten bevorzugt, wird aus der Gartenarbeit schnell eine GaLaBau-Messe mit modisch-technischem Anspruch.
Gleichberechtigung steht im Vordergrund, das läuft darauf hinaus, dass jeder (und jede) dieselben Aufgaben übernimmt – es sei denn, es handelt sich um das allseits unbeliebte Unkrautzupfen oder -harken in den Beeten. Hier scheint es unter mysteriösen Umständen immer eine „Freiwillige“ zu geben. Das Equipment ist topmodern, aber wehe, jemand verwendet es nicht „richtig“. Hier wird präzise überwacht, wer wann wie lange mit welchem Werkzeug arbeitet. Ergonomisch durchdachte Heckenscheren und Hightech-Laubbläser stehen bereit, allerdings nur für jene, die den genauen Bedienungsanweisungen folgen – sonst droht ein skeptischer Blick des „Kapos“.
Mittags herrscht in der Truppe eine eigentümliche Spannung. Jeder packt seine Tupperdose aus und das gemeinsame Essen gleicht einem kulinarischen Schaulaufen. Wer die größte Leberkässemmel mitbringt, gewinnt. Vegetarier hingegen werden misstrauisch beäugt, als hätten sie heimlich Gänseblümchen aus den Beeten genascht. Und während Zwiebelduft vom Döner um die Ecke noch akzeptabel ist, bringt Knoblauch ein ziemliches Stimmungstief in die engen Fahrkabinen des gemeinsamen Wagens.
Besonders heikel wird es, wenn der Vorarbeiter Entscheidungen trifft, die keiner versteht – außer er selbst. Ob es um das Entfernen einer unscheinbaren Pflanze geht, weil „die da nicht hinpasst“, oder um das Verlegen eines Einsatzes, weil „die Sonne besser steht“: Das Team nickt pflichtbewusst und fragt sich insgeheim, was das soll. Denn auch wenn offene Kommunikation im Trend liegt, im Alltag gilt: Man muss nicht alles wissen. Geheimnisse halten die Spannung.
Das Leben im Trupp ist eben kein Zuckerschlecken – aber auch keine Durststrecke. Denn zwischen all dem Chaos, den Eigenheiten und der unvermeidlichen Brotzeitdiskussion bleibt eins sicher: Wenn der Frühling kommt, blüht das Team gemeinsam auf, egal ob mit taillierter Weste oder nicht.
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