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FM STANDPUNKT

Schluss mit der Saubermacherei

Es gibt keine einfache Erklärung, weshalb auch bei uns das Arten- und Individuensterben voranschreitet. Und es gibt nicht nur einzelne Schuldige. In Wahrheit machen wir uns alle schuldig – mit unserer Art zu leben und unserer unterentwickelten Fähigkeit, angemessen zu reagieren. Man kann immer nur Teilursachen beleuchten und muss auch dort ansetzen. Ein Punkt, der unsere Arbeit tangiert, ist das Exekutieren überkommener Ordnungs- und Sauberkeitsvorstellungen.
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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgBarbara Sommer
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Nachdem der Bauhof meines Wohnorts mit Freischneidern, Mähern und Bürsten durch den Ortsteil gezogen war, war wieder alles blitzeblank. Die So-da-Flächen kurz geschoren, die Fugen gereinigt, alle Kräuter – zumindest temporär – beseitigt. Weshalb? Weil es immer so gemacht worden ist und wir ja auch alle beschäftigt werden wollen. Und, weil die Bürger – ganz besonders die älteren – es eben so erwarten. Es muss ja sauber sein.

Nein, muss es nicht. Erstens müssen auch die älteren Mitbürger erkennen, dass die Reduktion der Freiflächen auf versiegelte Bereiche und überregulierte Grünflächen Teil der dramatischen Entwicklung ist. Und wenn sie es nicht erkennen, so ist es an der Kommune, mit entsprechender Kommunikation für Erleuchtung oder für Erklärung zu sorgen. Zweitens würde das Unterlassen oder Reduzieren überambitionierter Pflegemaßnahmen niemanden arbeitslos machen, sondern würde Raum für sachgerechte und zielorientierte Pflege schaffen; also weniger Masse und mehr Qualität. Aus Saubermännern würden Freiraumentwickler mit Umweltbildungshintergrund. Das steigert auch die Wertschätzung.

Wenn es darum geht, unseren Planeten bewohnbar zu halten, das Arteninventar zu sichern und unsere Wohnorte klimafest (resilient) zu machen, dann fängt das nicht irgendwo am Ende der Welt an, sondern hier, jetzt und in unserem Alltag. Dabei entsteht nicht zwangsläufig mehr Arbeit. Der Aufwand besteht vielmehr darin, den Umdenkprozess anzustoßen, alte Zöpfe abzuschneiden und alle Prozesse auf den Prüfstand zu stellen – bei den Bürgern, bei den Kolleginnen und Kollegen und bei den Damen und Herren Vorgesetzten. Denn Ordnungs- und Sauberkeitsideale von gestern stecken in uns allen und sind nicht zuletzt der Grund dafür, dass Millionen von Gärten unter Kies und Schotter verschwunden sind. Am 22. Mai hatte die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung wieder zur #Krautschau aufgerufen, um auf den Wert von Stadtnatur aufmerksam zu machen (siehe Bild nebenan). Ist doch ein schöner Ansatz für gute Öffentlichkeitsarbeit.

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