Klimawandel und Sicherheit im Fokus
Bei den Deutschen Baumpflegetagen vom 23. bis zum 25. April 2024 in Augsburg werden erneut hochaktuelle Themen vorgestellt. Die größte europäische Fachtagung für die Baumpflege verknüpft neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und präsentiert Lösungsansätze für die Praxis. Es gibt mehrere Themenschwerpunkte.
von Prof. Dr. Dirk Dujesiefken, Thomas Amtage erschienen am 26.03.2024Aufgrund der vielfältigen, branchenübergreifenden Themenschwerpunkte sind die Deutschen Baumpflegetage sowohl für Baumfachleute als auch für Landschaftsarchitekten und Planer interessant. Zu der internationalen Baumpflegetagung werden wieder zahlreiche Fachleute aus der gesamten Welt erwartet. Bei der dreitätigen Veranstaltung fokussieren die Fachvorträge und das Programm im Kletterforum auf unterschiedliche Themenschwerpunkte.
Baumbiologie und Klimaanpassung
Der diesjährige Fachpartner der Tagung, die TU München, präsentiert am ersten Tag ihre neuesten Forschungsergebnisse zur Baumbiologie unter klimabedingten Einflüssen. Die Wissenschaftler geben Empfehlungen, wie die Baumpflegebranche mit der Zukunftsaufgabe Klimawandel umgehen kann.
Ein bemerkenswerter Vortrag von Prof. Dr. Cecil Konijnendijk befasst sich mit der 3:30:300 Regel. Sie ist so wegweisend, dass sie inzwischen bei der Stadtplanung weltweit berücksichtigt wird. In Deutschland ist diese Regel noch wenig bekannt. Sie besagt, dass in lebenswerten Städten mindestens drei Bäume in Sichtweite von jedem Haus stehen sollten und dass jeder Ortsteil zu 30 % mit Baumkronen oder Vegetation bedeckt sein sollte. Weiterhin sollte niemand mehr als 300 m von einem größeren Park oder einer Grünfläche entfernt wohnen. Allein dieser stadtplanerische Ansatz wird für viele Diskussionen sorgen.
Das Kletterforum startet am ersten Tag mit einem Vortrag von Kevin Martin, dem Leiter der Baumpflege im königlich botanischen Garten von Kew in London. Er stellt dar, wie die Parkverwaltung den alten Baumbestand pflegt und sich den Herausforderungen des veränderten Klimas stellt.
Umgang mit Unfällen in der Baumpflege
Ein Novum betrifft einen Schwerpunkt zu Unfällen in der Baumpflege im Kletterforum. Dieser bezieht sich nicht nur auf die verletzten Personen, sondern auch auf die Unfallbeteiligten, die den Unfall miterlebt oder sogar bei der Erstversorgung geholfen haben. Ein solches Ereignis kann bei allen Beteiligten zu einem Trauma führen, das sich dann auf die künftige Arbeit und das gesamte Leben auswirkt. Dieses überaus sensible Thema erfordert einen achtsamen Umgang und darf nicht tabuisiert werden. Dies ist ein Anliegen der Veranstalter.
Baumschutz auf Baustellen
Die Themen Baumerhalt und Baumschutz auf Baustellen stehen im Mittelpunkt der Fachvorträge am Mittwoch. Hier werden die aktuellen Regelwerke und deren Anwendung anhand von praktischen Beispielen vorgestellt. Wie Bäume und Grünflächen auch bei Konzerten und Veranstaltungen geschützt werden können, wird anhand eines Konzepts aus der Stadt Basel präsentiert.
Bäume sind stets auch ein emotionales Thema. Die vielfältigen Meinungen führen regelmäßig zu Streit. Meistens geht es jedoch weniger um den Baum selbst. Vielmehr dient hier der Baum als willkommener „Sündenbock“ für andere Konflikte. Die Herausforderungen und Potenziale im gegenseitigen Verstehen werden von der Mediatorin Beate Voskamp thematisiert.
Am Mittwochnachmittag stellt Klaus Körber seine Erkenntnisse aus über 20 Jahren Forschung an und mit Bäumen vor. In gewohnt kurzweiliger Form wird hier ein umfassender Einblick in die Gehölzverwendung der Zukunft gegeben.
SKT: von Sicherheit bis Effizienz
Im Kletterforum werden die klassischen Themen der Seilklettertechnik (SKT) am Mittwoch behandelt. Es werden Befunde zu den Ankerpunkten sowie der Rettung vorgestellt. Sie werden sowohl am Kletterturm als auch am Baum praktisch demonstriert. Begonnen wird mit dem der für die Sicherheit so wichtigen Risikobeurteilung, Chris Cooper-Abbs nimmt sich des Themas an und präsentiert, wie die Risikobeurteilung in die Realität umsetzt werden kann. Welcher Bewegungsablauf im Baum effizient ist und welche Vektorkräfte auftreten können, sind weitere hochinteressante Themenschwerpunkte.
Kontrolle und Untersuchung von Bäumen
Bei den Fachvorträgen stehen am Donnerstag die Themen Baumkontrolle und Baumuntersuchung im Vordergrund. Darf sich ein Baumkontrolleur auch Baumsachverständiger nennen? Häufig werden hier die Begrifflichkeiten vermischt und dabei die unterschiedlichen Anforderungen vergessen. Prof. Dr. Dirk Dujesiefken stellt die unterschiedlichen Anforderungen von Baumsachverständigen und Baumkontrolleuren vor und sorgt somit auch für Klarheit bei der Auftragsvergabe.
Eine weitere, nie ganz spannungsfreie Thematik betrachtet Dr. Jörg-Michael Günther: Nachbarbäume und Grundstücksgrenzen. Hier werden die Rechtsansprüche thematisiert und Hinweise zum Vorgehen gegeben.
Ein Blick nach Tschechien zeigt den Umgang bei der Bekämpfung des dort immer stärker werdenden Mistelbefalls an Bäumen. Die Bewertung zur Standsicherheit von Hochstubben und warum manche Baumarten 1.000 Jahre alt werden können, sind Themen weiterer Fachvorträge.
Rettung im Baum
Am Donnerstag wird erstmals der Einsatz bei Rettung mittels kombinierten Verfahrens aus SKT und Hebebühne diskutiert. Dazu wird im Kletterforum zusätzlich zum Turm eine Hebebühne aufgestellt, sodass die jeweiligen Vor- und Nachteile am praktischen Beispiel aufgezeigt werden können.
Ein neues Thema im Kletterforum beleuchtet die Altersarmut der subunternehmenden Baumpfleger. Diese Problematik stand bislang noch nie im Fokus, nimmt jedoch an Bedeutung zu. Denn nicht nur der Baum, auch die Menschen, die in und an den Bäumen arbeiten, sind sehr wichtig. Aus diesem Grund wird von Seiten der Veranstalter dieses Thema aufgegriffen und in den Vordergrund gerückt.

Vorführungen im Freigelände
Die begleitende Baumpflege-Messe ist auch in diesem Jahr auf Wachstumskurs. Viele Aussteller habe ihre Flächen vergrößert und gleichzeitig sind wieder neue Aussteller hinzugekommen. Sie wissen den direkten Austausch mit den Anwendern und Entscheidern zu schätzen. In diesem Jahr wird besonders der Außenbereich so vergrößert, dass fast die gesamte Freifläche zwischen den Hallen genutzt werden kann. Hervorzuheben sind hierbei die Vorführungen zum Saugbaggereinsatz. Durch die praxisnahen Vorführungen werden die Vorträge zum Baumschutz auf Baustellen ergänzt und die Vorteile gegenüber herkömmlicher Bauweise aufgezeigt.
Zum bundesweiten Festpreis nach Augsburg
Zusätzlich als Neuerung hervorzuheben ist die Kooperation der Deutschen Baumpflegetage mit der Deutschen Bahn. Damit reisen Teilnehmende der Tagung in diesem Jahr zu einem bundesweiten Festpreis mit dem Zug nach Augsburg – natürlich mit 100 % Ökostrom! So wird die größte europäische Fachtagung für die Baumpflege bereits bei der Anreise ihrem nachhaltigen Anspruch gerecht. Weitere Informationen hierzu finden sich auf der Homepage des Baumpflege-Events: www.deutsche-baumpflegetage.de.
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