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Brandenburger Alleenkolloquium

Alleen erhalten und entwickeln

Am 11. Dezember 2024 fand an der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik (LVGA) in Großbeeren das Brandenburger Alleenkolloquium statt. Fachleute stellten viele neue Entwicklungen zu Erhalt und Neuaufbau von Alleen vor. Ergiebiges Info- und Arbeitsmaterial gab es obendrauf (Links).

von Dr. Philipp Schönfeld erschienen am 03.02.2025
Daniel Kaiser bei seinem Vortrag © LVGA
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70 Besucher vor Ort und 65, die das Kolloquium online im Livestream verfolgten, bezeugten das große Interesse am Thema. Das verwundert nicht wirklich, denn das Land Brandenburg verfügt über den größten Bestand an Alleen in der Bundesrepublik. 1.740 km Straßen außerorts sowie 420 km innerorts werden von circa 400.000 Alleebäumen gesäumt. Obwohl bis heute über 200 km Alleen neu gepflanzt wurden, hat sich der Gesamtbestand in Brandenburg im Zeitraum von 2009 bis 2019 von 2.834 km (außer- und innerorts) auf 2.158 km verringert. Die Gründe dafür waren im wesentlichen Fällungen aufgrund des Baumalters sowie von Sturm-, Hitze- und Trockenschäden (Klimawandel). Ein weiterer Grund ist die Abstufung von Bundes- und Landesstraßen zu Kreis- und Kommunalstraßen, die dann nicht mehr dem Landesbetrieb Straßenwesen unterstehen.

Eichenallee
Eichenallee © Claudia von Freyberg

Nach den Grußworten der Ministerien für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) sowie Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) stellte Monika Engels vom MIL die wichtigsten Punkte in der kürzlich beschlossenen „Alleenkonzeption 2030“ vor. Diese Konzeption ist die Fortschreibung der „Alleenkonzeption 2007“. Eine Evaluation der Konzeption im Jahre 2014 bestätigte die dort formulierten Ziele und Vorgaben, zeigt jedoch auch auf, dass das dort gesetzte Pflanzziel von 5.000 Bäumen zur Entwicklung von circa 30 km Alleen nur in den ersten zwei Jahren erreicht wurde.

Die wesentlichen Neuerungen gegenüber der „Alleenkonzeption 2007“ sind:

  • Alleendefinition (in Abstimmung mit dem Umweltministerium): Eine Allee besteht aus zwei oder mehr parallel verlaufenden Baumreihen, ist mindestens 100 m lang und weist mehr als drei Bäume je Seite auf.
  • Baumreihen, die eventuell später zu Alleen erweitert werden, und Alleen werden gleichrangig betrachtet, denn Baumreihen sind ebenfalls landschaftsprägend und können zu Alleen weiterentwickelt werden (Zukunftsalleen). Sie kommen dort zur Anwendung, wo zum Beispiel aufgrund von Leitungen oder Flurgehölzen zweireihige Alleen nicht möglich sind.
  • Lückenbepflanzung: Lücken in älteren, aber noch vitalen Baumbeständen können durch Nachpflanzungen geschlossen werden. Die Bäume innerhalb einer Allee können ein unterschiedliches Alter aufweisen.
  • Mehrartenalleen sind möglich.
  • Pflanzung zukunftsfähiger Baumarten: Die Potenziale klimaresilienter Baumarten sollen verstärkt in die Pflanzplanung miteinbezogen werden.
  • Alleen werden innerorts (Ortsdurchfahrten) und außerorts gepflanzt.

Herausforderung Flächenverfügbarkeit

In Zukunft werden Alleen und Baumreihen nicht nur an Bundes- und Landesstraßen, sondern auch am nachgeordneten Netz gepflanzt. Dafür sollen die Kooperationen zwischen dem Landesbetrieb Straßenwesen und brandenburgischen Kommunen zum Alleenerhalt und Neupflanzung ausgebaut werden. Radwege werden in Zukunft grundsätzlich mit Alleen oder Baumreihen ausgestattet. Es ist das Ziel des MIL, im Zeitraum von 2024 bis 2028 insgesamt 20.000 Bäume als Alleen und Baumreihen an Straßen und Wegen aller Kategorien zu pflanzen – davon jeweils die Hälfte an Bundes- und Landesstraßen außerorts als auch innerorts. Alle fünf Jahre wird Bilanz gezogen.

Die mangelnde Flächenverfügbarkeit ist die größte Herausforderung für Alleenpflanzungen. Bei den derzeit geforderten Abständen von 4,5 m zum Fahrbahnrand und eines zusätzlichen Pufferstreifens von circa 1,5 bis 2,0 m zur freien Landschaft wird somit für eine Alleepflanzung von 1 km mehr als 1 ha Fläche benötigt. Mithilfe von vereinfachten Flurbereinigungsverfahren zur Verlegung von Grundstücken an Bundes- und Landesstraßen soll erprobt werden, ob sich damit die Flächenbereitstellung erleichtern lässt.

Katja Fregien vom Landesbetrieb Straßenwesen erläuterte den Aufbau und die Einführung eines digitalen Baumkatasters für die Bundes- und Landesstraßen, das das bisherige analoge Baumkataster ersetzen wird.

Gehölzerlass und Alleenkonzept

Christine Ott vom MLUK stellte den am 8. August 2024 veröffentlichten Gehölzerlass Brandenburg vor, der im engen Zusammenhang mit dem Alleenkonzept steht und dem Vollzug von §40 BNatSchG (gebietseigene Gehölze) dient. Alleenstandorte sind nach der Definition „Sonderstandorte (zum Beispiel unmittelbarer Straßenseitenraum, Mittel- und Trennstreifen) an öffentlichen Straßen nach § 3 BbgStrG, bei denen die Aspekte Lichtraumprofil, Gewährleistung der Verkehrssicherheit, Verträglichkeit gegenüber vorhandenen Emissionen und Salzfrachten vorrangig zu beachten sind und sofern den Erfordernissen der Funktionssicherung nach § 4 Nr. 3 BNatSchG durch die Verwendung gebietseigener Herkünfte nicht genügt werden kann.“ (Zitat Ende)

Dieser Sonderstandort umfasst den unmittelbaren Straßenseitenraum und soll einen Abstand von 4,5 m zum Fahrbahnrand nicht überschreiten. Kulturobstgehölze sowie denkmalgeschützte historische Alleen sind Sonderfälle und fallen nicht unter die beschriebene Regelung.

Broschüre Alleenkonzeption
Broschüre Alleenkonzeption © Philipp Schönfeld

Zu wenig gebietseigene Gehölze verfügbar

Ein großes Problem bei den geplanten Neupflanzungen ist die mangelnde Verfügbarkeit gebietseigener Gehölze. Es müssen deshalb mehr Erntebestände ausgewiesen werden. Zur Sicherstellung der Pflanzenverfügbarkeit müssen zwischen den planenden Institutionen und den Baumschulen langfristige Anzuchtverträge abgeschlossen werden. Das MLUK prüft, ob ein weiterer Sonderfall betreffend klimaresiliente Gehölze definiert werden kann – zur Schaffung einer Liste von Gehölzen, die zwar nicht gebietseigen, aber naturschutzfachlich unbedenklich sind.

Die lebhaften und engagiert geführten Diskussionen im Anschluss an die Vorträge drehten sich oft um die Schwierigkeiten bei der Organisation, Planung und Ausführung von Alleenpflanzungen. Torsten Müller, Amtsleiter Gebäudemanagement im Landkreis Dahme-Spreewald, berichtete über die Alleenkonzeption in seinem Landkreis. Dort ist es trotz der beklagten Schwierigkeiten erfreulicherweise gelungen, im Zeitraum von 2011 bis 2022 circa 10.000 Straßenbäume entlang der Kreisstraßen als Alleen oder Baumreihen zu pflanzen.

Kompetenzzentrum vorgestellt

Prof. Dr. Hartmut Balder vom Förderverein Baukultur Brandenburg berichtete über den Praxisleitfaden des Landesbetriebs Straßenwesen „Aktuelle Herausforderungen an Baumpflanzungen bei der Errichtung von Alleen an Straßen“. Daniel Kaiser stellte „kostba“, das „Kompetenzzentrum für Straßenbäume und Alleen“ vor. Dieses bisher bundesweit einzige Kompetenzzentrum wurde durch die Unterstützung des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung sowie dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (erschienen am 23. Oktober 2023) gegründet und ist eine der Maßnahmen im Rahmen der Alleenkonzeption 2030. Seine Aufgaben umfassen die Bündelung des vorhandenen Wissens zum Erhalt sowie zur Entwicklung der Brandenburgischen Alleen.

Das vierköpfige Team (Daniel Kaiser, Annika Schneeweiß, Thomas Bierig, Jasmin Preußer) wird durch einen Beirat unterstützt. Leider ist derzeit eine dauerhafte Finanzierung über das Jahr 2024 hinaus noch nicht gesichert. Es bleibt zu hoffen, dass angesichts der Bedeutung von kostba eine dauerhafte Institutionalisierung gelingt.

Lehr- und Sichtungsgarten für Bäume im Aufbau

Ein bereits angelegter Versuch in Müncheberg mit 33 Arten und Sorten von potenziell zukunftsträchtigen Alleebäumen ist der erste Schritt zum Aufbau eines Lehr- und Sichtungsgartens (www.lvga-bb.de) und wird in einigen Jahren sicher wertvolle Ergebnisse liefern. Im Zuge des Vortrags wurde die kostba-Datenbank frei geschaltet (kostba-datenbank.de), eine zentrale Plattform für alle, die sich mit Straßenbäumen und Alleen beschäftigen. Die dort gespeicherten Veröffentlichungen können nicht nur abgerufen werden, sondern es gibt dort auch eine Eingabemaske zur Empfehlung für weitere interessante Veröffentlichungen.

Das Alleenkolloquium war eine sehr gelungene Veranstaltung, die eine Fülle von aktuellen Informationen geliefert hat. In den Vorträgen und Diskussionen wurde das große Engagement aller Beteiligten für den Erhalt und die Neuanlage von Alleen deutlich. Mit der aktuellen Alleenkonzeption ist ein Rahmen mit Zielsetzungen, Handlungsfeldern und Maßnahmen gesetzt, der hoffentlich in den nächsten Jahren zu einer Zunahme der Alleen führt.

Links zu weiterführenden Informationen

Alleenkonzeption 2030

Alleenkonzeption 2007

Gehölzerlass Brandenburg 2024

Alleen und Alleebaumstatistik Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg

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