Gesehen werden ist lebenswichtig
Bei Arbeiten im öffentlichen Raum reicht die normale Arbeitsschutzbekleidung nicht aus. Gerade beim Arbeiten an Straßen ist das Gesehenwerden lebensrettend. Dafür gibt es klar definierte Vorgaben (§4 des Arbeitsschutzgesetzes). Außerdem greift die Straßenverkehrsordnung, die die Rechte der Personen regelt, die sich außerhalb von Gehwegen und Absperrungen bewegen müssen.
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Die Straßenverkehrsordnung schreibt auffällige Warnkleidung vor, die der DIN EN ISO 20471 entsprechen muss. Bei Tages- und Nachtarbeit ist als Mindestforderung die Schutzklasse 2 gefordert. Sind die zulässigen Geschwindigkeiten im Arbeitsstellenbereich größer als 60 km/h und das Baustellenpersonal nimmt passiv am Straßenverkehr teil (zum Beispiel beim Baumschnitt), ist die Klasse 3 Vorschrift. Bei derartigen Tätigkeiten ist immer davon auszugehen, dass der Beschäftigte nicht jederzeit das Verkehrsgeschehen im Blick hat. Grundsätzlich wird fluoreszierendes Orange vorgeschrieben. Dabei müssen arbeitsbedingte Verschmutzungen immer mit berücksichtigt werden.
Aber wie muss eine derartige Bekleidung ausgestattet sein, damit sie den Anforderungen entspricht?
- Die Klasse 1 fordert 0,14 m² fluoreszierendes Grundmaterial und zusätzlich 0,10 m² reflektierendes Material. (zwei Bauchstreifen).
- Bei der Klasse 2 sind es 0,50 m² fluoreszierendes Grundmaterial plus 0,13 m² Reflektorbahnen (je zwei Bauch- und Ärmelstreifen).
- Die Klasse 3 schreibt 0,80 m² fluoreszierendes Grundmaterial und 0,20 m² reflektierendes Material vor (je zwei Bauch- und Ärmelstreifen plus Streifen in Hosenträgerform).
Bei allen Klassen der Warnkleidung ist immer auch eine 360°-Sichtbarkeit vorgeschrieben, also Reflektorstreifen und fluoreszierendes Material müssen über den gesamten Körperumfang verlaufen. Wichtig ist dabei zu wissen, dass man aus der Kombination von Kleidungsstücken der Klasse 2 die Klasse 3 erreichen kann, was besonders in den Sommermonaten von Bedeutung ist. So ergibt zum Beispiel die Warnweste Klasse 2 mit der Bund- oder Latzhose Klasse 2 die Gesamtwarnbekleidung der Klasse 3. Wenn im benachbarten Ausland gearbeitet wird (zum Beispiel in der Schweiz), können andere Richtlinien und Flächenangaben als in Deutschland gültig sein.
Details für den Arbeitsalltag
Die Platzierung der Reflektorstreifen auf der Warnbekleidung sollte so gestaltet sein, dass die mitgeführten Arbeitsgeräte (wie Laubbläser, Motorsense) diese möglichst wenig überdecken. Das ist besonders bei Benutzung von rückengetragenen Maschinen oder Akkus relevant. Neben der Verkehrsbelastung spielen die witterungs- und tageszeitlich bedingten Sichtverhältnisse eine gewichtige Rolle.
Da nicht alle Arbeitnehmer gängige Konfektionsgrößen haben und eventuell für die Passgenauigkeit Veränderungen vorgenommen werden müssen (zum Beispiel Kürzen der Hosenbeine), ist darauf zu achten, dass dabei besonders die Reflektorflächenvorgabe nicht unterschritten wird.
Arbeitgeber und Personal in der Pflicht
Der Arbeitgeber ist für die Beschaffung der bestimmungsgemäßen Warnbekleidung verantwortlich. Außerdem obliegt es ihm, seine Arbeitnehmer bezüglich Handhabung, Aufbewahrung und Reinigung zu unterweisen. Arbeitnehmer sind angehalten, diese Spezialkleidung regelkonform zu nutzen, regelmäßig zu kontrollieren und Schäden daran den Vorgesetzen zu melden.
Starke Verschmutzungen mindern die Reflexionsfähigkeit extrem, was man aber bei Tageslicht nicht zweifelsfrei erkennen kann. Blitzlicht vom Handy oder Fotoapparat gibt Aufschluss, ob diese Funktion noch gegeben ist. Kommt es zu einem Unfall mit Verkehrsteilnehmern und Baustellenbeschäftigten, sind die Ermittlungsbehörden verstärkt angehalten, auch das Vorhandensein und den Zustand der Warnbekleidung in diesem Zusammenhang zu prüfen.
Herstellerbedingte Unterschiede
Wie bei anderen Produkten gibt es auch bei dieser Arbeitsschutzbekleidung gravierende Unterschiede je nach Fabrikat. Das fängt bei den Reflektorstreifen an. Einfache Ausführungen reflektieren zwar gut, bringen aber den Lichtstrahl nicht zum Ausgangspunkt oder zum Verursacher zurück. Das gelingt, wenn das reflektierende Material aus verspiegelten Glaskugeln besteht (zum Beispiel 3M Scotchlite). Denn nur so kann der einfallende Lichtstrahl in dem gleichen Winkel wieder zurückgeschickt werden und ist damit für den Kraftfahrer schon in einer Entfernung von über 150 m sichtbar.
Auch für die „Grundkonstruktion“ der Jacken und Hosen lohnt es sich, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Im Gegensatz zu den einfachen Ausführungen bestehen hochwertige Modelle aus einem Zweilagenlaminat mit Gore-Tex-Zweikomponentenmembran (zum Beispiel Mascot). Das sorgt nicht nur für längere Haltbarkeit, sondern auch für besseren Tragekomfort und weniger Hitze- und Flüssigkeitsstau. Der kommt häufig vor, da fast alle Hersteller als Grundmaterial Polyester verwenden. Wer damit Probleme hat, kann auf die Modelle aus Mischgewebe (70 % Baumwolle/30 % Polyester) zurückgreifen (zum Beispiel Stihl).
Wenn mal Wasser von oben kommt, sollte nichts durchsickern. Dafür sorgen Polyurethan-Beschichtungen (PU) mit Nahtabdichtungsbändern (zum Beispiel Husqvarna) . Bei guter Abstimmung mit dem Bekleidungsmaterial und hochwertiger Verschweißung sind selbst 2 bar Wasserdruck kein Problem (zum Beispiel engelbert strauss). Einfache PU-Beschichtungen sind bis 2.000 mm Wassersäule dicht. Die thermoplastischen PU-Beschichtungen (TPU) sind dagegen bis 8.000 mm Wassersäule dicht und zusätzlich atmungsaktiver und verschleißfester als PU (zum Beispiel Leipold + Döhle).
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Waschbarkeit der Warnkleidung: Je nach Materialzusammensetzung reicht die Spanne von 30 bis 60°C. Besonders vorbildlich ist in dieser Hinsicht die Firma Engel aus Dänemark. Das gesamte Sortiment ist bei 60°C waschbar, dementsprechend ist der Reinigungseffekt viel größer.
Kommt die Warnbekleidung im Sommer wie im Winter zum Einsatz, kann man Modelle mit herausnehmbarem Innenfutter kaufen. Da diese aber hauptsächlich aus 100 % Polyester oder 100 % Nylon bestehen und ein entsprechendes feuchtes Innenleben verursachen, sollte man lieber beim Zwiebelprinzip bleiben.
Text: Ekkehard Musche, Redaktion FM
Bilder: Hersteller
Bezugsquellen
- 3M Scotchlite: www.3mdeutschland.de
- Engel: www.engel.eu
- engelbert strauss: www.engelbert-strauss.de
- Husqvarna: www.husqvarna.de
- Leipold + Döhle: www.leipold-doehle.com
- Mascot: www.mascot.de
- Stihl: www.stihl.de
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