Grüne Orte für Mensch und Natur
Das Münchner Wohnungsunternehmen IGEWO hat einige Außenanlagen naturnah umgestaltet. Gepflegt werden die Flächen von den Mitarbeitern der Tochterfirma Elementar Gebäudepflege GmbH.
von Susanne Wannags erschienen am 20.02.2025Bezahlbaren Wohnraum in München, Augsburg und Umgebung schaffen – das ist bis heute ein Ziel der IGEWO GmbH & Co. Wohnungsunternehmen KG. Die „Immobiliengesellschaft für gemeinnütziges Wohnen“ wurde vor 25 Jahren gegründet und legt bis heute Wert auf die Grundsätze des sozialen Wohnens, auch wenn sie mittlerweile über den gemeinnützigen Wohnungsbau hinaus tätig ist. Das GE im Firmennamen steht heute für „gesellschaftsfördernd“.
Die Tätigkeit der IGEWO umfasst heute vor allem die Vermietung, Betreuung und Instandhaltung der eigenen Wohnanlagen, eine Abteilung kümmert sich zudem um die Verwaltung fremder Gebäude. „Wir bauen in geringem Umfang auch neu, dabei handelt es sich jedoch vor allem um städtebauliche Ergänzungen im eigenen Bestand“, sagt Prokuristin Susanne Gmell. So wird beispielsweise in der IGEWO-Siedlung in Augsburg-Haunstetten der Bestand von circa 800 Wohnungen in den nächsten Jahren erweitert. In der Taubenstraße wurden bereits von 2021 bis 2023 insgesamt 54 Wohneinheiten neu gebaut, ebenso viele kommen nun in der Rechenstraße dazu und sind vermutlich 2026 bezugsfertig.
Lebensräume vernetzen
Seit 2020 wurden die Freiflächen einiger Anlagen in Augsburg und München naturnah umgestaltet. „Wir wollen nicht nur unseren Mieterinnen und Mietern ein lebenswertes Umfeld zur Verfügung stellen, sondern auch einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten“, sagt Gmell. „Ich hatte verschiedene Artikel des Landesbundes für Vogelschutz gelesen, in denen erklärt wurde, wie wichtig private Gärten dafür sind und welche Rolle sie als Trittsteine spielen.“ Die privaten Grünflächen helfen, Lebensräume miteinander zu vernetzen, die sonst für Insekten, Kleinlebewesen und Pflanzen nicht erreichbar wären.

Das erste Objekt, dessen Freiraum naturnah umgestaltet wurde, war der Außenraum der IGEWO-Siedlung in Augsburg, dann folgten zwei Wohnanlagen in München. „Wir sind das eher hemdsärmelig angegangen“, erinnert sich Susanne Gmell. „Wir wollten Dinge umsetzen und konkret wissen, wie das geht.“ Leicht war es nicht, für die Planung eine Unterstützung zu finden. „Das Thema naturnahe Gestaltung ist bei den Planern noch nicht wirklich weit verbreitet. Oft bekommt man Standardvorschläge. Wenn man sagt, dass man aus der Komfortzone raus möchte, wird es schwierig.“
Über den Landschaftsarchitekt Tim Kohlschütter von 317 Stadt- und Freiraumplanung in Landsberg kam es zu einem Kontakt mit einem Experten für nachhaltige Gärten aus dem Allgäu. Der Blühbotschafter leistete praktische Unterstützung und schulte auch die Hausmeister in praxisorientierten Workshops. Mittlerweile ist mit dem Büro 317, das die Freude und Überzeugung an einer naturnahen Freiraumgestaltung in Wohnanlagen teilt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gewachsen
Die Mieter mitnehmen
Der nächste Schritt war es, die Mieter bei den Plänen mitzunehmen. „Wir haben das ganz klassisch über Aushänge in den Häusern gemacht“, sagt Gmell. Oberstes Ziel der Umgestaltung war es, den Lebensraum für Artenvielfalt zu vergrößern und dabei im besten Fall auch die Aufenthaltsqualität für die Bewohner zu verbessern. „Das ist natürlich ein Spannungsfeld. Auf der einen Seite will man die Artenvielfalt fördern, auf der anderen Seite müssen sich auch die Menschen in der Anlage wohlfühlen und darin bewegen dürfen“, sagt Gmell.
Für einige Flächen wie die Blumenwiese oder die Wildstaudenbeete gilt „Bitte nicht betreten“, andere Bereiche teilen sich Pflanzen, Tiere und Menschen. Die Spielplätze wurde naturnah umgestaltet, Findlinge und Holzstämme ersetzen die Klettergerüste. In einer der beiden Münchner Wohnanlagen blieb auf Wunsch der Mieter der klassische Spielplatz bestehen – schließlich geht es nicht um Dogmatismus, sondern um Veränderungen, die von den Bewohnern auch angenommen werden.
In den naturnahen Anlagen gibt es mehr Raum für Natur, aber auch mehr Natur und Erlebnis für die Menschen. Ein Bohnentipi auf einem der Spielplätze darf gerne abgeerntet werden, von den Beerensträuchern soll genascht werden, die Kräuter in den Hochbeeten sind zum abernten da. „Zu Beginn waren viele Bewohner erst einmal unsicher, ob sie das auch tatsächlich dürfen“, erinnert sich Gmell. Mittlerweile wird das Angebot gerne genutzt.
Pflegegewohnheiten ändern
Gepflegt werden die Anlagen der IGEWO von Mitarbeitern der Tochtergesellschaft Elementar Gebäudepflege GmbH. Da deren Hauptaufgabe vor allem die Instandhaltung der Gebäude ist, gibt es dort vor allem Mitarbeiter aus dem Handwerk und angelernte Kräfte. Doch naturnahe Pflege lässt sich lernen. Marco Meyer ist Prokurist bei der Elementar und verantwortlich für die Mitarbeiter. Er hat sich zum Blühbotschafter weitergebildet. Anschließend hat er die Kollegen, die die naturnahen Anlagen in Augsburg pflegen, geschult. „Natürlich dauert es einige Zeit, bis sich die Gewohnheiten ändern. Wenn das Interesse für Grün bei den Mitarbeitenden vorhanden ist, klappt das gut. Man darf die Menschen allerdings nicht überfordern.“
Eine der größten Veränderungen war das Mähen der Blühwiesen. „Wir haben uns dafür extra einen Balkenmäher angeschafft“, berichtet Meyer. Statt wie beim Rasen üblich, die Fläche auf einmal zu mähen, erfolgt die Blühwiesenmahd in mehreren Abschnitten. Das gibt den Wiesenbewohnern die Gelegenheit, umzuziehen. Das Schnittgut bleibt idealerweise einige Tage liegen, damit es aussamen kann; anschließend wird es abgeräumt. „Wir sparen uns gegenüber dem Rasen viele Mähgänge, wenn jedoch gemäht wird, dauert das länger als früher.“ Das Schnittgut wird nicht entsorgt, sondern von einem Landwirt aus der Region für die Kleintierfütterung verwendet.
Praktische Erfahrungen sammeln
Bei der Anlage der Blühwiese haben die Mitarbeiter von IGEWO und Elementar selbst Hand angelegt. „Eine richtige Blühwiese hinzukriegen, ist gar nicht so einfach“, sagt Gmell. Statt Boden auszutauschen, wurde der vorhandene Boden mit Klappertopf abgemagert, anschließend wurde eine Blühwiesenmischung ausgesät. „Das hat auch nicht sofort perfekt funktioniert, sondern wir haben einfach erst mal Erfahrungen gesammelt, was geht und was nicht.“ Sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Bewohner war das manchmal eine Geduldsprobe, erinnert sich Gmell: „Wenn ein Jahr lang nichts passiert, ist das in unserer schnelllebigen Zeit anachronistisch.“
Eine weitere Besonderheit der naturnahen Anlagen ist, dass sie jedes Jahr anders aussehen. Um zu verstehen, was auf den Freiflächen passiert, wurden Infotafeln aufgestellt. Dort wird erklärt, wie eine Blumenwiese funktioniert, warum Laubhaufen im Herbst liegen bleiben und warum tote Bäume kein Abfall, sondern Lebensraum sind. „Für die Bewohner bieten wir regelmäßig Infoveranstaltungen an, auch mit dem BUND und dem Landesbund für Vogelschutz. Vor allem die Fledermausführung kommt gut an“, sagt Gmell. Denn auch die Fledermaus findet in Bäumen, aber auch in den Dächern der IGEWO-Bauten ein Zuhause. Schon seit längerer Zeit wird im Neubau die Biodiversität bereits in der Planung von Gebäuden mitgedacht, mit Nistkästen für Gebäudebrüter und Höhlen für Fledermäuse.
1Nächster Schritt: Recycling von Abbruch
Beim jüngsten Projekt, dem Neubau von Wohnhäusern in der Augsburger Rechenstraße, strebt die IGEWO an, das Abrissmaterial der alten Gebäude für den Bau der naturnahen Freiflächen zu verwenden. Dachziegel sollen geschreddert und als Mulchmaterial für die Staudenbeete genutzt werden, aus Dachbalken werden Gemeinschaftstische, die Reste der alten Ziegelwände finden sich in den Ruderalflächen wieder und der Betonbruch aus den Kellerfundamenten wird zum Unterbau für Wege und Stellplätze. Soweit der Plan. Ob es klappt, hängt unter anderen noch von einigen Genehmigungen ab. Sicher ist allerdings: ob mit oder ohne Recyclingmaterial werden auch diese Außenanlagen ein artenreicher, grüner Trittstein.
Elementar Gebäudepflege GmbH
- Firmengründung: 1998
- Gesellschaftsform: GmbH
- Geschäftsführer: Ulrich Geßner
- Tätigkeitsfelder: Hausmeisterdienst, Heizungsbau, Maler, Maurer, Schlosser, Bodenleger, Grünpflege
- Mitarbeiter: etwa 35, laut Dienstverträgen machen die Mitarbeiter alle Arbeiten
- Auftraggeber: Privat 100 %
Elementar Gebäudepflege GmbH Flachsstraße 27 86179 Augsburg info@elementar-gebaeudepflege.dewww.elementar-gebaeudepflege.de
IGEWO GmbH & Co. Wohnungsunternehmen KG Aubinger Allee 54 81248 München info@igewo.comwww.igewo.com
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