Ganz oder gar nicht
Als Bernhard (Berny) Kühn und Robert Krotky vor fast vier Jahren in Unterwössen ihre Baumpflegefirma gründeten, war für die beiden Chiemgauer klar: „Entweder ‚gscheit‘ oder gar nicht.“ Susanne Wannags hat mit den beiden gesprochen.
von Susanne Wannags, Kempten erschienen am 04.12.2024Die Felsen im Chiemgau haben Berny Kühn und Robert Krotky zusammengebracht. So zumindest steht es auf der Website der Firma. „Es war tatsächlich so“, bestätigt Krotky. „Wir kannten uns schon lange vom Klettern, allerdings nicht sehr intensiv. Eines Tages haben wir uns da getroffen und Berny hat erzählt, dass er sich zum SKT A Kurs anmeldet. Und hat mich gefragt, ob ich mitmachen würde.“ Das war 2020. Der damals 32-Jährige Krotky – gelernter Maschinenbautechniker mit Berufserfahrung im Garten- und Landschaftsbau – war schon einige Jahre in der Gartenpflege selbständig. Während des Kurses stellen Berny und Robert fest, dass sie sich auch nach näherem Kennenlernen gut verstehen und in vielen Dingen ergänzen. „Robert ist bei uns für die Technik zuständig, ich habe eine kaufmännische Ausbildung und kümmere mich ums Büro“, sagt Kühn.
1Kommunikation als Erfolgsrezept
Schon auf der gemeinsamen Hinfahrt zum ersten Kurs haben beide gemerkt: „Wir ticken sehr ähnlich.“ Und spätestens auf der Heimfahrt war klar, dass sie die gleichen Ziele haben: professionelle Baumpflege anbieten mit einem Unternehmen, mit dem man die Familien aller Beteiligten ernähren kann. Im Januar 2021 gründeten sie eine GBR. „Wir sind aufs Gas gestiegen und seitdem nicht mehr runter“, schmunzelt Kühn. Skeptiker, die gewarnt hatten, dass eine Firma mit zwei Chefs schwierig sein könnte, haben sie bisher eines Besseren belehrt. „Je länger wir zusammenarbeiten, desto besser verstehen wir uns.“ Das hat mehrere Gründe: „Natürlich muss das Menschliche passen, aber es gehören auf viele kleine Facetten dazu, die stimmen müssen“, sagt Kühn. „Bei mir war es vor allem, dass ich einen zuverlässigen Partner wollte, der auch Gas geben will.“ Krotky ergänzt: „Man muss sich in der Baumpflege zu hundert Prozent auf den anderen verlassen können, da hängt ja tatsächlich das Leben dran.“ Kühn zählt die Zutaten für das Erfolgsrezept auf: „Keiner von uns ist sich zu schade für einen Job, keiner sagt, dass er heute einfach keine Lust hat. Keiner hat das Gefühl, er tut mehr als der andere, auch wenn wir oft zu ganz unterschiedlichen Zeiten arbeiten. Ich sitze manchmal von nachts um elf bis drei Uhr morgens im Büro, Robert ist dafür ein bis zwei Stunden morgens früher am Lager, richtet das Auto her und sorgt dafür, dass wir sofort zum Kunden losfahren können. Und der wichtigste Punkt: wir können über alles offen reden. Wenn wir mal nicht auf einen Nenner kommen, ist das auch ok.“
Von Anfang an durchstarten
Die Geschwindigkeit – zum einen in Sachen Umsatzentwicklung, zum anderen was die Aus- und Weiterbildung angeht – könnte einer alleine gar nicht schaffen, sind sich Kühn und Krotky sicher. Während des SKT-A-Kurses meldeten sich beide für den SKT-B-Kurs und auch für den European Tree Worker (ETW) an, mittlerweile haben sie auch den Abschluss als European Tree Technician. Berny ist zudem Umweltbaubegleiter mit Schwerpunkt Baum, Robert Baumkontrolleur. „Vor allem die ersten drei Jahre waren turbulent. Und jeder von uns ist auch noch Vater geworden in der Zeit“, sagt Kühn.
Musste man anfänglich auch die eine oder andere fachliche Meinungsverschiedenheit austragen, gibt es heute fast keine Missverständnisse mehr während der Pflegeeinsätze. Wesentlich dazu beigetragen hat die Kommunikation per Funk. „Das war für uns der absolute Game-Changer. Natürlich ist das eine Investition, aber sie lohnt sich auf jeden Fall. Gute Kommunikation ist der Schlüssel für alles“, sagt Kühn. Krotky ergänzt: „Die Funkkommunikation ist etwas, das man der Baumpflegeszene nur ans Herz legen kann und das auch die Berufsgenossenschaften noch mehr thematisieren sollten. Das hat bei uns Riesenunterschiede gemacht, was Produktivität, soziales Miteinander und vor allem Sicherheit angeht.“ Immer wieder passieren schwere Unfälle, weil der Baumkletterer Warnungen vom Bodenmann nicht hört.
Sicherheit hat oberste Priorität
Wie sich das Leben von heute auf morgen aufgrund eines Unfalls ändern kann, hat Berny Kühn als 18-Jähriger erfahren. Er fuhr mit seinem Auto in einer Linkskurve geradeaus und prallte frontal gegen eine Böschung. Genickbruch, gesplitterte Knochen, durchtrennte Nerven – kaum etwas war noch heil im Körper. Zwei Jahre dauerte es, bis jeder Muskel und jeder Knochen wieder tat, was er sollte. Da Kühn weiß, wie wertvoll ein funktionierender Körper ist, schätzt der 31-Jährige alles, was bei der Arbeit dazu beiträgt, unnötige Belastungen zu vermeiden. Und auch für den fünf Jahre älteren Krotky ist ein schonender Umgang mit dem Körper als wichtigsten Werkzeug eines Baumkletterers das A und O. Daher überlegten die beiden nicht lange, als es darum ging, einen Kompaktlader anzuschaffen. „Klettern ist zwar körperlich fordernd, aber richtig anstrengend wird es am Boden, wenn Äste und Stammteile bewegt werden müssen“, sagt Krotky. Der Vermeer-Kompaktader mit verschiedenen Anbaugeräten, für den dann auch noch ein passender Hänger angeschafft werden musste, ist eine Investition, die die beiden nicht mehr missen möchten. „Schon nach einem Tag haben wir uns gewundert, warum wir eigetnlich jemals 100 bis 200 kg schwere Stammteile mit der Sackkarre transportiert haben“, schmunzelt Kühn.
2Sichtbar sein
Die Kundschaft der Baumpfleger besteht zu etwa 50 % aus Privatkunden, 30 % öffentlichen und 20 % gewerblichen Kunden. Da Robert Krotky sich schon vor der Firmengründung einen Kundenstamm mit der Gartenpflege aufgebaut hatte, war es 2021 kein Sprung ins kalte Wasser. Viele ihrer Neukunden haben die Firmeninhaber „bei der Arbeit“ bekommen. „Wenn wir irgendwo pflegen oder fällen ist es fast normal, dass irgendein Nachbar kommt und meint: ,Jungs, ihr könnt bei mir gleich weitermachen‘“. Schon zu Beginn der Selbständigkeit war das Firmenlogo auf allen Fahrzeugen zu sehen, außerdem wird mit Zeitungsanzeigen und Flyern geworben. Auf Festen in den Chiemgauer Gemeinden bieten die beiden Kinderklettern an – auch das erhöht den Bekanntheitsgrad des Unternehmens.
Nach vier Jahren stehen Kühn und Krotky jetzt an einem Punkt, an dem es für sie heißt: entweder weitermachen wie bisher also mit maximal einem Mitarbeiter und – bei Bedarf – mit Subunternehmern, oder wachsen. Trotz eines mittlerweile hervorragenden Netzwerks von Kletterern, die für den einen oder anderen Auftrag gebucht werden, möchten die jungen Unternehmer die Firma vergrößern.
Pünktlichkeit ist eine Frage des Respekts
Einfach ist es nicht, ausgebildete Baumpfleger zu bekommen, die angestellt sein wollen. „Viele in der Branche sind gerne selbständig tätig oder wollen sich selbständig machen.“ Daher sind auch Quereinsteiger – gerne aus der Kletterszene – willkommen. „Fachlich sind wir ja auch Quereinsteiger, also können andere das auch lernen“, sagt Krotky. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter ins Team passen, zuverlässig und pünktlich sind. Letzteres ist vor allem für Krotky unverzichtbar. „Ich bin extrem empfindlich, wenn jemand zu spät kommt. Ich bin lieber zehn Minuten vorher bei einem Kunden und beantworte dann im Auto noch eine E-Mail, als jemanden warten zu lassen. Für mich ist das eine Respektlosigkeit.“ Und natürlich sollten die potenziellen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen genauso viel Spaß an der Arbeit haben wie die Firmenchefs. Wobei Berny Kühn die Baumpflege nicht als Arbeit empfindet. „Im Grunde mache ich abends mit einem Freund aus, wo wir morgen hingehen dürfen zum Klettern – und dafür bekommen wir auch noch Geld“, meint er augenzwinkernd. Dieses Gefühl möchte er gerne auch bei den Mitarbeitenden wecken. „Wir arbeiten hochprofessionell, aber wir lachen auch viel und gerne. Wer beides mag, ist willkommen.“
Eine junge Disziplin mitgestalten
Dass die Baumpflege verglichen mit anderen gärtnerischen Fachrichtungen und Gewerken noch eine recht junge Fachdisziplin ist, macht die Arbeit für Kühn und Krotky noch spannender, als sie ohnehin schon ist. „Man lernt ständig dazu und versteht immer mehr Zusammenhänge“, begeistert sich Kühn. Krotky ergänzt: „Sogar Experten sind sich nicht immer einig, wie gesund oder krank ein Baum tatsächlich ist. Da ist vieles Auslegungssache und man kann dabei mitwirken, dieses Wissen zu erweitern.“
Betriebsdaten
Baumpflege Kühn & Krotky GbR
gegründet: Jan. 2021
Gesellschaftsform: GbR / ab 2025 GmbH
Geschäftsführer: Bernhard Kühn und Robert Krotky
Tätigkeitsfelder:
Baumpflege, Baumkontrolle, Fällungen, Kletterarbeiten, Baumuntersuchungen, Umweltbaubegleitung
Mitarbeiter
1 Angestellter SKT-B -Kletterer in Vollzeit
Fuhrpark/Maschinen:
Först Häcksler ST 6 P
Elliet Häcksler
Vermeer S 925 tx Kompaktlader
Twintrailer tridax
Sprinter als Einsatzzentrale
mehrere Kippanhänger
Motorgeräte von Stihl und Husqvarna
Auftraggeber: 50% Privatkunden, 30% öffentlich, 20% gewerblich
Mitgliedschaften: Bundesverband für Arboristik, Höhenarbeit und Ökologie e.V.
Brechstubenweg 12, D-83246 Unterwössen
Telefon: 0174/751 55 52 und 0176/726 913 72
kontakt@kk-baumpflege.de
www.kk-baumpflege.de
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