
Die Kür beginnt neben den Bahnen
Den Golfclub Isarwinkel in Bad Tölz kennt Manfred Beer in- und auswendig. Seit 30 Jahren sorgt der Headgreenkeeper mit seinem kleinen Team dafür, dass sowohl das Spielerlebnis als auch der Umweltschutz nicht zu kurz kommen. Auch seine Mitarbeiterin Franziska Kornprobst ist trotz ihrer Erfahrung noch immer wissbegierig.
von Susanne Wannags erschienen am 04.12.2024Als die „taz“ 1993 die Überschrift „Zerstörerischer Golfboom. Eine Opposition formiert sich“ titelte, begann Manfred Beer seine berufliche Laufbahn im Golfclub Isarwinkel. Nach einer Ausbildung als Kfz-Mechaniker zog es ihn in die grüne Branche. Er arbeitete bei einem Betrieb, der den Golfplatz Wörthsee pflegte, fand dabei schnell die Leidenschaft für diesen Beruf und absolvierte den Lehrgang zum Fachagrarwirt Golfplatzpflege. Sieben Jahre war er als Greenkeeper auf der Golfanlage tätig und wechselte dann zum GC Isarwinkel als Teamleiter. Dort schloss er zudem die Ausbildung zum geprüften Headgreenkeeper erfolgreich ab.
Flächen nutzen, nicht verbrauchen
Dass ein Golfplatz keine ökologische Todsünde ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Manche Klischees allerdings halten sich hartnäckig. Ein riesiger Verbrauch von Flächen, kunstgedüngt und mit Pestiziden behandelt, sind einige davon. Das ärgert Manfred Beer: „Wir verbrauchen keine Flächen, sondern nutzen sie. Je größer die Golfanlage, desto mehr Platz ist dort für Natur. Die reinen Funktionsflächen machen bei einer kleineren Anlage wie unserer etwa ein Drittel aus. Davon sind gerade mal 3 % mit landwirtschaftlich intensiv bewirtschafteten Flächen gleichzusetzen, nämlich die Greens und die Abschläge.“
1Und auch dort werden Pflanzenschutzmittel nur dann eingesetzt, wenn es gar nicht anders geht. „Integrierter Pflanzenschutz“ lautet die Devise, bei der die Vorbeugung vor Schadorganismen im Vordergrund steht. „Chemischer Pflanzenschutz sollte der allerletzte Pfeil im Köcher sein“, sagt Beer. Pflanzenschutz fängt für ihn damit an zu wissen, wie der Boden, wie eine Pflanze, funktionieren. „Auf den Greens und Abschlägen herrschen eher sterile Verhältnisse, weil sie auf Sand errichtet sind. Dort ist die Herausforderung, die Pflanzen trotzdem fit zu halten. Wir arbeiten beispielsweise mit Algen und effektiven Mikroorganismen, um das Bodenmilieu positiv zu beeinflussen. Man kann viel dafür tun, um die Gräser bei Laune zu halten.“
Der Greenkeeper als Berater
Als Vorsitzender des Greenkeeper Verbands Bayern liegt ihm die Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses besonders am Herzen. Für ihn ist ein Greenkeeper mehr als nur ein „Pflegender“. „Greenkeeper sind die Berater der Golfanlagenbetreiber. Daher ist es so wichtig, dass sie eine Stimme bekommen.“ Lange Zeit habe auch der Deutsche Golf Verband sein Augenmerk vor allem auf die Bahnen und Greens gelegt und nicht kommuniziert, dass ein Golfplatz mehr ist als das. „Die Pflege der Funktionsflächen ist die Pflicht – die Kür beginnt neben den Bahnen“, sagt Beer.
Das Wissen um naturverträgliche Golfanlagen ist für ihn ein wichtiger Bestandteil in der Greenkeeper-Ausbildung. „Ein Greenkeeper muss erkennen können, welches ökologische Potenzial eine Anlage hat. Womit lässt sie sich aufwerten? Das können Gewässer, Gehölze, Wiesen oder verbindende Elemente sein. Man muss mit den Regeln spielen, die einem die Fläche vorgibt. Wenn man von Naturschutz spricht, geht es auch darum, die vorhandenen Flächen gut zu vernetzen – das ist gute fachliche Praxis des Greenkeepings.“
Platz für Flora und Fauna
Der Golfclub Isarwinkel befindet sich auf einem ehemaligen Militärgelände. In den 1950er-Jahren legten die Amerikaner dort bereits eine 9-Loch-Anlage an. 2003 wurde die ursprüngliche Fläche vergrößert, indem landwirtschaftliches Grünland dazugepachtet wurde. Da die Gesamtfläche zu klein für einen 18-Loch-Platz war, gibt es jetzt neben einem 9-Loch-Kurs noch einen öffentlichen 6-Loch-Kurzplatz.
Auf dem ursprünglichen Areal befinden sich viele Gehölze. „Dort hatten die Amerikaner Hainbuchenhecken gepflanzt“, sagt Beer. „Wir haben auf 250 m Vogelfutterhecken davorgepflanzt und damit zusätzliche Brut- und Nistplätze geschaffen.“ Seit mehr als zehn Jahren hat ein biozertifizierter Imker Bienenvölker auf dem Golfplatz. Zur Bewässerung wird kein Grundwasser entnommen, sondern nur Niederschlagswasser verwendet. „Am Pumpenhäuschen, das das Wasser aus dem Beregnungsteich pumpt, haben wir gemeinsam mit der Golfjugend einen Wildbienenstand gestaltet. Damit sensibilisiert man den Golfnachwuchs dafür, was es auf einem Golfplatz sonst noch alles gibt.“
2Für diese und andere Maßnahmen wurde die Anlage im Rahmen des Qualitätsmanagementprogramms „Golf & Natur“ des Deutschen Golf Verbandes mehrfach mit Gold zertifiziert. Außerdem verlieh der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber dem Isarwinkel 2022 die Auszeichnung „Blühender Golfplatz“ als Partner der Blühpakt-Allianz.
Altes Wissen und neue Wege
Auf den ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen ohne alten Gehölzbestand sorgen Blühwiesen für mehr Artenreichtum auf dem Golfplatz. „Wiesen sind auf vielen Golfanlagen ein Thema, allerdings muss man sich im Klaren sein, dass Wiese nicht gleich Wiese ist“, sagt Beer. „Es gibt Feuchtwiesen, Fettwiesen, Magerrasen – das muss man erst mal erkennen. Davon hängt die Pflege ab. Kann ich das Schnittgut liegen lassen, magere ich den Standort ab, indem ich es abtransportiere?“
Sogar Beer, der sich seit vielen Jahren aktiv beim LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz Bayern) für den Umweltschutz einsetzt, ist immer wieder gefordert, einst Erlerntes über Bord zu werfen und neue Wege zu gehen. „Ich habe bei Gräsern meine Philosophie stark geändert und versuche nun mehr und mehr, Gräser nachzusäen, die mit weniger Nährstoffen auskommen und Trockenheit besser vertragen.“ Gute Nachsaaterfolge hat er unter anderem mit Festuca arundinacea (Rohrschwingel), allerdings muss man mit breiteren Blättern und einem eher blassen Grün im Winter leben.
Greenkeeperin mit Ambitionen
Bei der Golfplatzpflege wird Manfred Beer von zwei fest- und drei stundenweise angestellten Mitarbeitenden unterstützt. Eine der Festangestellten ist Franziska Kornprobst. Für sie war schon als Kind klar, dass sie auf einem Golfplatz arbeiten will. „Meine Mama hat auf dem Wittelsbacher Golfplatz das Büro gemanagt und ich habe in den Ferien dort bei der Bunkerpflege geholfen“, erzählt die 46-Jährige.
Zwei Wege führten damals zum Greenkeeping: entweder ein mehrmonatiger Kurs in Schottland, dessen Abschluss in Deutschland allerdings nicht anerkannt war, oder ein grüner Beruf mit anschließender Weiterbildung zum Fachagrarwirt Golfplatzpflege. „Ich habe mich dann für die Lehre entschieden, gleich im Anschluss auf dem Wittelsbacher Golfplatz gearbeitet und die Weiterbildung begonnen.“ Das war Ende der 1990er-Jahre – und Kornprobst war die zweite Frau in Bayern, die die Greenkeeping-Ausbildung absolvierte. Im Gegensatz zu ihrem Chef Manfred Beer, der seit 30 Jahren im Golfclub Isarwinkel tätig ist, wollte sie möglichst viele verschiedene Golfanlagen kennenlernen.
Jeder Platz hat seine Zielgruppe
Einer ihrer Arbeitgeber war der Golfplatz Eichenried. Dort findet alljährlich eines der bekanntesten Golfturniere Deutschlands, die BMW Open, statt. „Es war für mich extrem spannend, das mitzuerleben. Wichtig ist dort unter anderem, dass der Platz kameratauglich ist – da muss alles passen. Die finanzielle Ausstattung ist entsprechend gut, in der Vorbereitungszeit und während des Turniers kann man es sich leisten, die Anzahl der Greenkeeper einfach zu verdoppeln.“
Nach einem Jahr in Eichenried wechselte Franziska Kornprobst zum Golfplatz Wilder Kaiser in Ellmau. Die 27-Loch-Anlage ist ein Tourismusmagnet, entsprechend hoch ist die Anzahl der Flights, die täglich auf dem Platz spielen. Dort sind die Herausforderungen zum einen, trotz des hohen Nutzungsdrucks die Gräser vital zu halten, zum anderen, mit den notwendigen Pflegemaßnahmen den Spielablauf nicht zu stören. „Ich habe auch schon für die Firma Schwab Rollrasen in Fußballstadien verlegt und weiß, was Akkordarbeit ist“, schmunzelt Kornprobst.
Für jede Herausforderung eine Lösung
Nach einer längeren Pause, in der sie vier Kinder bekam, die jetzt zwischen sieben und dreizehn Jahre alt sind, zog es sie wieder ins Greenkeeping. „Ich kannte Manfred Beer und hatte im Isarwinkel auch während einer Saison schon mal ausgeholfen. Also habe ich einfach gefragt, ob er Unterstützung braucht.“ Seit zweieinhalb Jahren ist sie im Golfclub Isarwinkel zwölf Stunden wöchentlich als Greenkeeperin tätig. „Mich fasziniert Manfreds Wissen. Als ich hier angefangen habe, hatte ich das Gefühl, ich gehe nochmal in die Schule“, schmunzelt Kornprobst. Und man lernt ja tatsächlich nie aus, weil sich die Natur ständig verändert und einen vor neue Herausforderungen stellt. Für diese Herausforderungen findet Manfred auch immer eine gute Lösung und Strategie.“
Aus ihrer Zeit im GaLaBau kann sie auch viel eigene Expertise einbringen. Eine ihrer Leidenschaften ist der Obstbaumschnitt. Auf der Streuobstwiese, auf der sich knapp 100 Obstbäume befinden, hat sie völlig freie Hand. Was sie am Greenkeeping besonders schätzt, ist das selbstständige Arbeiten. „Du bekommst einen Auftrag, gehst raus, bist für dich alleine und trotzdem Teil eines Teams.“
Den Dienstleistungsgedanken leben
Sowohl Franziska Kornprobst als auch Manfred Beer sind übrigens selbst Golfspieler – und halten das für eine sinnvolle Voraussetzung, um als Greenkeeper zu arbeiten. „Die Liebe zum Golfspiel unterstützt die Motivation bei der Pflege“, ist Beer überzeugt. Wer weiß, wie weit ein Golfball fliegen kann oder wo ein überhängender Ast vielleicht das Spiel erschwert, achtet auch bei der Pflege darauf. „Was ich sehr gerne mag, ist der Dienstleistungsgedanke, der im Greenkeeping steckt“, ergänzt Kornprobst. „Ich freue mich, wenn ich dafür sorgen kann, dass die Clubmitglieder und Spieler eine gute Zeit auf dem Platz haben.“ Ob Kollegen oder Golfspieler – ihr ist es wichtig, „Wohlfühl-Gelegenheiten“ zu schaffen.
Im vergangenen Jahr hatte sie die Idee zu einem etwas anderen Golfturnier, das unter dem Motto „Greenkeepers Rache“ stattfand. „Wir haben unseren Platz zu einem 18-Loch-Platz umgebaut und ihn mit Aufgaben und Rätseln präpariert.“ So steckte beispielsweise mal eine Fahne im Bunker, mal musste eine Bahn vom Green zum Abschlag gespielt werden statt umgekehrt. „Damit schafft man Gelegenheiten, dass Clubmitglieder, die sonst keine Turniere spielen, mit dabei sind und gemeinsam Spaß haben.“
Die Anlage wachsen sehen
Während Franziska Kornprobst zu Beginn ihrer Tätigkeit maximal eineinhalb Jahre auf einem Golfplatz tätig war, um möglichst viel kennenzulernen, findet sie es nun spannend zu sehen, wie eine Anlage mit den Jahren wächst. Wenn es die familiäre Situation zulässt, möchte sie die Arbeitszeit gerne aufstocken, denn einen schöneren Beruf als das Greenkeeping auf einem Golfplatz kann sie sich nicht vorstellen. Ein wenig gerät sie da ins Schwärmen: „Wer darf schon morgens über eine Glitzerwiese fahren oder darf dem Schwanennachwuchs beim Übungsflug zusehen?“
- Golfclub Isarwinkel e. V. mit 9-Loch-Platz (P70), öffentlichem 6-Loch-Kurzplatz, Driving Range mit Übungsanlagen
- Gründung: 1985
- Präsident: Stefan Hartmann
- Leitender Greenkeeper: Manfred Beer
- Budget: 590.000 €
- Budget für Sportanlage: 250.000 € inklusive Gehälter
- Tätigkeitsfelder: Unterhalt und Betrieb der Golfanlage
- Mitarbeiter: 9 (3 Vollzeit, 6 Teilzeit), davon 7 in den Sportanlagen (3 VZ, 4 TZ)
- Maschinen: JD Traktor (45 PS), 4 Großflächenmäher (Spindel/Sichel), 4 3-Spindelmäher, 2 Aerifizierer, Sander, 2 Arbeitstrucks, viele weitere Kleingeräte
- Branchensoftware: PC Caddy
Golfclub Isarwinkel e. V. Am Golfplatz 65 83646 Bad Tölz Telefon +49(0) 80 41/77 87 7 info@gc-isarwinkel.dewww.gc-isarwinkel.de
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