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Grünflächenpflege

Kommentar: Das große Umdenken

"Sauber ja - aber auch rein?" Mit diesem Werbeslogan warb ein Waschmittel in den 90ern für seine Tiefenwirkung. Manchmal hat man das Gefühl, dass diese Maßstäbe auch für viele Grünflächen immer noch angelegt werden, meint unser Redakteur Tjards Wendebourg und rät zum großen Umdenken.

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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgClaudia von Freyberg
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Und alles spricht von Nachhaltigkeit. Unlängst habe ich eines der mittlerweile zahlreichen Angebote genutzt, online in eine Veranstaltung zum Thema „ökologische Flächenpflege“ hineinzusehen. Da war viel guter Wille im Spiel, und trotzdem zeigte die Veranstaltung eines namhaften Herstellers für Grünpflegetechnik das ganze Dilemma, in dem wir uns befinden: Alle reden von Nachhaltigkeit, von Ökologie – aber das, was im Handeln am Ende dabei herauskommt, könnte unterschiedlicher nicht sein. Deswegen lassen Sie es uns doch mal mit einer Definition versuchen: Nachhaltiges Handeln im Hinblick auf die Grünflächenpflege bedeutet, dass wir Vegetationsflächen jedweder Art (Sport- und Repräsentationsrasen einmal ausgenommen) nicht mehr in erster Linie als Funktionsflächen begreifen, sondern als Lebensräume. Ein Graben dient der Wasserableitung, ist aber auch ein vielseitiges Biotop (und nebenbei auch ein Retentionsraum). Ein Parkrasen ist eine Liegefläche, gleichzeitig aber auch eine Wiese. Ein Flugfeld dient der Landungen von Fluggeräten, kann aber auch eine Stauden- und Gräserflur sein. Wenn es Interessenkonflikte gibt, gilt es die zu lösen. Aber nicht automatisch zu Lasten des Lebensraums und der Ökologie. Dazu haben wir zu viele Flächen bereits verbraucht, als dass wir sie nur monothematisch nutzen können. Diese Betrachtung führt dazu, dass wir eine Verantwortung übernehmen und unser Ziel nicht mehr alleine in der Effizienz im ratzeputz Abräumen besteht, sondern in der schonenden Entwicklung der Lebensgemeinschaft und im Hinblick auf die Lebensqualität der Bürger. Dann geht es auch nicht mehr darum, eine Fläche möglichst billig abzumähen, sondern genau den Preis dafür zu ermitteln, der notwendig ist, um das neue Ziel zu erreichen.

Natürlich ist es faszinierend zu zeigen, dass man Maschinen bauen kann, die in einem Arbeitsschritt aus jeder Wiese einen Wohnzimmerteppich machen kann. Aber in einer Welt, ist der es rund um die Spezies Mensch und seine Haus- und Hoftiere zunehmend einsam wird, geht es eben nicht mehr darum, alles technisch Mögliche auch zu tun, sondern sehr gut darüber nachzudenken, was man überhaupt wie und warum tut. Und dann, liebe Hersteller: Dass Sie sauber und schnell können, wissen wir. Seien Sie doch auch so lieb, uns eine Kostprobe von nachhaltig und bezahlbar zu liefern. Wenn der gute alte Mähbalken also ein Revival erfährt: Wie kommen Gräser und Kräuter von der Wiese, und was machen wir damit Schönes? Das sind Herausforderungen für die Ingenieure, an denen sie sich mal messen lassen können. Geht nicht gibt‘s nicht.

Und liebe Auftraggeber: In Zukunft bestimmt bitte nicht die Technik, die im Schuppen steht, welches Ziel wir verfolgen, sondern die gesellschaftlichen Anforderungen. Und wenn die Kosten dadurch steigen – was ziemlich wahrscheinlich ist – dann werden wir den Bürgern bitte erklären, dass Weltretten seinen Preis hat. Das ständige Schielen auf Quadratmeterpreise in der rein funktionalen Betrachtung von Flächen war schon gestern von gestern. Heute geht es nicht nur darum, ein paar Kriech- und Krabbeltiere zu retten – wie es aus manchen Aussagen herauszulesen ist. Es geht darum, die Lebensqualität unserer Siedlungen zu erhalten und die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu sichern. Das ist schon ein paar Nummern größer als der Feldhamster, der die Autobahn aufgehalten hat.

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