Mit Technik gegen Glätte
Black Ice - so nennt man den beinahe unsichtbaren, aber gefährlichen Eisfilm auf dunklen Oberflächen wie Asphalt. Mit Eis hat der Winterdienst der FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH deutlich mehr zu tun als mit Schnee.
von Susanne Wannags erschienen am 24.09.2025Schneefall gibt es in Frankfurt am Main eher selten. „Das waren im vergangenen Jahr etwa vier oder fünf Einsätze. Was allerdings häufiger vorkommt, sind sogenannte Black-Ice-Situationen, bei denen es in den Morgenstunden kurzzeitig anfriert“, erklärt Christoph Rembow, der in der Abteilung Stadtreinigung der FES den Winterdienst leitet. „Das hängt auch mit dem Main zusammen. Wir machen auf den Mainbrücken an diesen Tagen verstärkt Kontrollfahrten, um sicherzugehen, dass es im Berufsverkehr kein böses Erwachen gibt.“

Nicht vorhersagbar: Industrieschnee
Ein Phänomen, das vor allem in den Industriegebieten im Westen von Frankfurt vorkommt, ist der Industrieschnee. Wenn es am Boden kalt und feucht, in der Höhe aber warm ist, kann der Wasserdampf aus Industrieanlagen nicht aufsteigen. Es bilden sich Wolken, deren Wassertröpfchen sich mit Staubpartikeln mischen und als feinkörniger Schnee auf den Boden fallen. „Das kam in der vergangenen Saison relativ häufig vor“, erzählt Rembow. Ist das der Fall, müssen die Räumfahrzeuge der FES ausrücken. „Das sind herausfordernde Situationen, weil sie nicht vorhersagbar sind.“
Im Sommer kehren, im Winter räumen und streuen
Rund 330 Mitarbeitende sorgen ganzjährig für saubere und sichere Straßen in Frankfurt. Das Einsatzgebiet umfasst 1.450 km, davon sind 1.040 km (beide Fahrtrichtungen) als sogenannte A- und B-Strecken priorisiert. A-Strecken sind Hauptverkehrsachsen, ÖPNV-Strecken sowie Straßen zu wichtigen Einrichtungen wie Krankenhäusern. B-Strecken erschließen Wohngebiete, Wohnstraßen haben eine nachrangige Priorität. Für private Flächen sind die Eigentümer verantwortlich, die wiederum die Räum- und Streupflicht an Dienstleister abgeben können. Einer davon ist die FFR GmbH, eine hundertprozentige Tochterfirma der FES.

Vollständige Digitalisierung
Im Stadtgebiet gibt es fünf Betriebsstätten der FES, jeweils mit einer Betriebsleitung und mindestens einer Einsatzleitung. „Vor ein paar Jahren haben wir vor der Winterdienstsaison ein rollierendes System eingeführt. Jede Woche hat eine andere Betriebsstätte die Funktion als Einsatzleitung vom Dienst, der den Winterdienst überwacht und steuert. Das war anfangs anspruchsvoll, aber dank Digitalisierung ist es möglich, von jedem Standort aus auf alle Unterlagen und Dokumentationen zuzugreifen“, erklärt Rembow.
Die Vernetzung der Standorte wird mit dem Telematiksystem Tracemate möglich, das nicht nur im Winterdienst, sondern im gesamten Unternehmen eingesetzt wird. Damit lassen sich nicht nur Strecken und Streumengen dokumentieren, sondern Fahrzeugstandorte in Echtzeit. In der Winterdienstsaison 2024/2025 wurde erstmals komplett auf die digitale Erfassung gesetzt, ohne die bisher noch parallel verwendete Dokumentation auf Papier.
Funk schlägt Handy
Gänzlich auf Altbewährtes verzichten möchte man bei der FES nicht: „Zusätzlich zur Ortung und der Kontaktmöglichkeit per Handy haben wir eine permanente Funkverbindung zu den Fahrern auf den A- und B-Strecken. Es ist einfacher, wenn sich die Kollegen über Funk melden, statt anzurufen und festzustellen, dass die Leitung gerade besetzt ist“, erklärt Rembow. So stellt man sicher, dass keine wichtige Information verloren geht.
Je nachdem, mit welcher Sicherheit ein Wetterereignis eintritt, werden die Mitarbeiter bereits frühzeitig zu einer bestimmten Uhrzeit zum Dienst bestellt oder bei Bedarf alarmiert. „Wir haben einen Vertrag mit der Wettermanufaktur in Berlin. Dort können wir 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche anrufen, um die Wetterlage für Frankfurt zu besprechen“, sagt Rembow. Dreimal täglich erhält die Einsatzleitung detaillierte Wetterberichte.

Straßenwetterstationen für mehr Sicherheit
Die Meteorologen der Wettermanufaktur haben auch die Möglichkeit, auf die Daten der sechs Straßenwetterstationen im Frankfurter Stadtgebiet zuzugreifen. Zum Start der Winterdienstsaison 2021/2022 wurden im Stadtgebiet sechs Straßenwetterstationen mit Kameras und Sensoren installiert – seither können Winterdiensteinsätze noch genauer geplant werden. 2023 kamen zusätzlich vier Wetterstationen auf den Betriebsstätten hinzu. Sie liefern ebenfalls Daten über das eigene Wetterportal und ergänzen so die Werte der Glättemeldeanlagen.
„Die Straßenwetterstationen übermitteln uns alle zehn Minuten ein Videobild, dazu die Temperaturdaten des Straßenbelags und eine Übersicht der Straßensituation, also ob es glatt, nass oder trocken ist. Das hilft uns bei der Entscheidung, ob wir rausfahren müssen oder nicht“, erkärt Rembow. „Vorher hatten wir lediglich die Lufttemperaturwerte. Im Winter ist die Bodentemperatur jedoch viel wichtiger.“ Zusätzlich zu Daten und Vorhersagen werden ab +2 °C verstärkte Sicherheitskontrollen an kritischen Stellen wie beispielsweise den Mainbrücken durchgeführt.
Handhelds für die Touren
Steht ein Einsatz an, versammeln sich die Fahrer in ihren Betriebsstätten. In großen Ladeschränken befinden sich die Handhelds, die jeder Fahrer auf seine Tour mitnimmt. „Auf dem Handheld wählt sich jeder in seine Tour ein.“ Feste Handteams übernehmen Gefahrenstellen wie Ampeln oder Fußgängerüberwege.
Auch wenn sich die fünf Betriebsstätten über ganz Frankfurt verteilen, sind es doch relativ viele Fahrzeuge, die bei einem Einsatz zeitgleich starten müssen. Wenn möglich wird versucht, den Start etwas zu entzerren. „Die Großstreuer für die A- und B-Strecken fahren als erste raus, meist gegen 4 Uhr. Um 5 Uhr starten die Fahrer der Geräteträger, die die Radwege, die Wohnstraßen und Fußgängerzonen streuen. Gegen 6 Uhr rücken dann die Handkolonnen aus.“ Bei einer prekären Wettersituation bleibt es allerdings nicht aus, dass alle gleichzeitig anfangen.

Dank Digitalisierung Salz sparen
Ein Meilenstein für den Winterdienst der FES war die Ausrüstung aller Streufahrzeuge mit sogenannten FS30-Streuern, die 70 % Salz und 30 % Sole ausbringen. Während sich bei den Geräteträgern dieses Verhältnis nicht ändern lässt, haben die Großstreuer ab einem bestimmten Baujahr eine computergestützte Erweiterung, bei denen die Solemenge automatisch je nach Fahrgeschwindigkeit und eingestellter Streumenge erhöht wird. „Wenn beispielsweise für morgens Reif gemeldet ist, der Rest des Tages aber laut Wettervorhersage ruhig verläuft, dann stellt der Fahrer die Streumenge ein und das Fahrzeug erkennt anhand der Fahrgeschwindigkeit, wo mehr Sole und weniger Salz ausgebracht werden kann. Weniger Salz kommt der Umwelt zugute.“
Auch die OptiWet-Technologie hilft. Damit können die Fahrer die Streugutverteilung sehr genau einstellen. Das schützt beispielsweise begrünte Mittelstreifen an Straßen vor Streusalz. Rembows diesjähriges „Sommerprojekt“, wie er es nennt, war die Anschaffung von CombiWet-Aufbauten. Damit kann sowohl FS30 als auch FS100, also reine Sole, ausgebracht werden. „Bisher hätten wir dazu zwei Aufbauten benötigt, was sowohl aus Platz- als auch aus Kostengründen nicht machbar ist.“
In der kommenden Wintersaison werden die ersten Fahrzeuge mit FS100 auf die Straße geschickt. An jedem größeren Betriebsstandort der FES gibt es eine eigene Soleanlage, ein kleinerer Standort ist mit einem Solevorratsbehälter ausgestattet. Insgesamt lassen sich 235.000 l Sole pro Winterdienstsaison herstellen.
Gute Partnerschaft mit Herstellern
Im Winterdienst sind rund 175 Fahrzeuge unterwegs – darunter viele kompakte Geräteträger der Marke Hako (Citymaster, Multicar M29 und Vorgängermodelle). Einige Fahrzeuge behalten ihre Kehrtechnik auch im Winter, etwa für den Einsatz an Silvester: „Dann können wir nachts streuen und morgens gleich die Böllerreste kehren“, sagt Rembow mit einem Schmunzeln. Die kompakten Multicar werden eingesetzt, um die Radwege zu räumen und zu streuen – immerhin 430 km im Stadtgebiet.
Neben der Qualität der Fahrzeuge sind es sowohl die örtliche Nähe zu Hako als auch der gute Service, die den Hersteller für die FES interessant machen. „Das ist eine über Jahrzehnte gewachsene Partnerschaft. Wir haben einmal im Monat einen Termin mit dem Hako-Vertrieb und regelmäßig ist ein Hako-Monteur in unserer Werkstatt und unterstützt unsere Mitarbeiter bei Wartung und Instandsetzung.“

Eigene Werkstatt
Wartung und Reparaturen übernimmt die FES-eigene Werkstatt. Während der Winterdienstsaison stehen zusätzlich zwei technische Mitarbeiter für die Winterdiensttechnik bereit. „Sie bringen 98 % der Fahrzeuge bei Problemen sofort wieder in Gang“, sagt Rembow. Nur bei größeren Schäden hilft die Zentralwerkstatt.
In der vergangenen Winterdienstsaison wurden auf den Radwegen erstmals elektrische Kleingeräteträger getestet. „Wir waren überrascht, wie gut das schon funktioniert“, sagt Rembow. „Da hat sich von der Reichweite viel getan in den vergangenen Jahren. Wir haben die vorgesehenen Touren immer ohne Nachladen geschafft.“ Elektrifizierte Geräteträger werden in Zukunft sicher eine Option für die FES. „Vorher müssen wir allerdings noch eine gute Ladeinfrastruktur aufbauen. Und leider sind die Fahrzeuge immer noch teurer als die kraftstoffbetriebenen.“

Erfahrung unverzichtbar
Dass der Winterdienst in den vergangenen Jahren bei der FES immer effizienter wurde, ist zum einen ein Ergebnis der Digitalisierung. Die Streuaufbauten der Fahrzeuge übermitteln mittlerweile Daten, mit denen sich metergenau nachvollziehen lässt, welche Streumenge auf welcher Straße aufgebracht wurde. Uhrzeit, GPS-Koordinaten, die Einstellungen des Schneepflugs, die exakte Grammzahl Salz oder Sole – bei der Datenerfassung bleiben keine Wünsche offen. „So kommen wir auf sehr verlässliche Werte“, sagt Rembow.
Bei aller Digitalisierung ist allerdings ein weiterer Faktor unverzichtbar für die Optimierung: der Mensch. „Unsere Mitarbeiter bringen ihr eigenes Wissen in die Touren ein. Sie kennen ihre Bezirke und fahren im Herbst mit den Fahrzeugen raus, um die Strecke zu testen.“
Übers Jahr finden Bedienteilschulungen statt, Fahrzeugeinweisungen und alljährlich gibt es als Highlight ein Fahrsicherheitstraining beim ADAC für Fahrer der Großstreuer. „Hier wechseln wir die Mitarbeiter in einem bestimmten Turnus durch“, erklärt Rembow. „Das kommt gut an und hilft enorm – denn nur wer sein Fahrzeug im Extremfall beherrscht, kann auf Frankfurts Straßen für Sicherheit sorgen.“
- FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH
- Gründung: 1995
- Geschäftsführer: Benjamin Scheffler, Dirk Remmert
- Konzernumsatz: 285 Mio. € in 2023
- Tätigkeitsfelder: Straßenreinigung, Winterdienst, Laubbeseitigung, Papierkorb- und Sinkkastenleerung
- Aufgaben: Entsorgungs- und Reinigungsaufgaben vom Winterdienst über Schülerbeförderung, den Betrieb von Toilettenanlagen, Grünpflege, regenerative Energieerzeugung und Verkehrssicherung bis hin zur Eventbetreuung
- Mitarbeiter: gesamt 1.900, davon 385 in der Abteilung Stadtreinigung
- Fuhrpark und Maschinen: 50 Hako-Kleinkehrmaschinen, 7 Mercedes-Großkehrmaschinen, 60 Mercedes-Mannschafts- und Transportfahrzeuge, 81 Geräteträger und Kleinfahrzeuge, 42 Mercedes-Großstreufahrzeuge
- Branchensoftware: Tracemate
FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH Weidenbornstraße 40 60389 Frankfurt am Main services@fes-frankfurt.dewww.fes-frankfurt.de
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