Pflege optimieren, Verbräuche senken
Der Strompreis hat sich in diesem Jahr gegenüber 2021 im Schnitt verdoppelt, die
Preise für Erdgas und Heizöl haben sich mehr als verdreifacht. Das Thema Energiekosten
beschäftigt Sportvereine ganz massiv. Das größte Potenzial zum Energiesparen
gibt es im Bereich der Gebäude und Gebäudetechnik. Auf Außenflächen ist
bedarfsgerechte Pflege angesagt.
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Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat seine Mitglieder im September dazu aufgerufen, 20 % Energie zu sparen, und gibt in einem zwölfseitigen Stufenplan Tipps, wie sich der Energieverbrauch kurz-, mittel- und langfristig reduzieren lässt. Schon im Juli gab es vom DOSB dazu Empfehlungen für Sportvereine. Seit Beginn des Jahres bemerkt Robert Hoffner bei den Vereinen in Baden-Württemberg ein gesteigertes Interesse an einer Energieberatung. Hoffner leitet den Geschäftsbereich „Sportstätten, Sport- und Bewegungsräume, Kommunalberatung“ beim Württembergischen Landessportbund (WLSB). „Viele Vereine wissen nicht, wie sie die nächsten Jahre energietechnisch überstehen sollen. Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge, ein Runterfahren des Betriebs und das Weiterreichen der Erwartungshaltung an Kommunen ist auch in der aktuellen Corona- Phase nicht so einfach.“
Professionelle Beratung für Vereine
Mit Matthias Schwing gibt es beim WLSB einen Energieberater, der ermittelt, wo es in einem Verein die größten Energiesparpotenziale gibt. „Allerdings konzentrieren wir uns erst einmal auf die großen Energieverbräuche“, sagt Hoffner. Diese fallen vor allem im Bereich der Gebäude und der Gebäudetechnik an. Auch wenn das tatsächliche Optimierungspotenzial in einem Verein individuell ist, gibt es Handlungsempfehlungen, mit denen jeder kurzfristig Energie sparen kann. Der WLSB hat dazu in seiner Infothek ein Infoblatt veröffentlicht. Die Empfehlungen sind praxisnah: Heizung warten, Thermostatventile prüfen, Nachtabsenkung der Heizung, Leitungen isolieren, Wassertemperatur reduzieren, wassersparende Duscharmaturen, Durchflussbegrenzer, Abdichten der Fenster, möglichst energiearmer Betrieb von Kühl- und Elektrogeräten und Einsatz von LED-Leuchten – das sind einige der Vorschläge. Manche Vereine geraten aber auch schon mit kleinen Investitionen an ihre Grenzen, denn nach den Schließungen und Einschränkungen aufgrund von Corona sind viele Vereinskassen leer und die verbleibenden Deckungslücken fast unüberwindbar.
Hoher Sanierungsbedarf
Das Thema Energiesparen im Vereinssport ist nicht neu. So hat beispielsweise die Energieagentur Ravensburg gGmbH in Kooperation mit den WLSB schon 2012 in verschiedenen Vereinen der Landkreise Ravensburg und Biberach Energiechecks durchgeführt, um zu ermitteln, wo Verbesserungen möglich und nötig sind. Bereits damals war die Gebäudehülle der Vereinsheime ein Thema – das ist bis heute so geblieben und zwar nicht nur im Ländle. „Die Gebäudesubstanz ist bei Sportvereinen in Deutschland im Schnitt 40 Jahre alt“, sagt Hoffner. „Man schätzt, dass bei jeder der rund 230.000 Anlagen ein Sanierungsbedarf von mindestens 30 % besteht.“ Bei diesen 30 % handelt es sich erst mal um reinen Substanzerhalt. „Viele Anlagen stammen aus den 1960erbis 1980er-Jahren. Damals hat man nach dem sogenannten goldenen Plan gebaut“, erklärt Hoffner. Die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG) hatte 1959 dieses Programm ins Leben gerufen, um des Sportstättenmangels in Deutschland Herr zu werden. Damals bekamen Kommunen eine Art „Basisausstattung“ an Sport- und Vereinsflächen. AUCH
Aussenanlagen haben Sparpotenzial
Obwohl der Fokus von Sparmaßnahmen aktuell auf den Gebäuden liegt, sind die Außenanlagen nicht in Vergessenheit geraten. „Sie spielen energetisch nicht die tragende Rolle in der Gesamtbetrachtung. Wenn wir aber die Freiflächen untereinander vergleichen, gibt es durchaus große Unterschiede, was den Energieverbrauch betrifft“, weiß Hoffner. Wo im Außenbereich Energie gespart werden kann, hängt von vielen Faktoren ab, beispielsweise von der Wahl des Belags bei Fußballfeldern. Kunstrasen erhöht zwar die Bespielbarkeit des Platzes, macht in der Regel jedoch mehr Beleuchtung erforderlich, da Spielen auch im Winter möglich ist. Verglichen mit Naturrasenflächen ist der Unterhalt in der Regel günstiger, allerdings sind die Investitionen in den Bau so hoch, dass sie sich erst lohnen, wenn darauf mehr als 40 h wöchentlich gespielt wird. Andererseits dürfen auch die Auswirkungen des Klimawandels bei Freianlagen im Hinblick auf zukünftige Kosten nicht vernachlässigt werden. „Was passiert, wenn bei anhaltender Hitze die Kommunen das Bewässern von Rasensportplätzen verbieten?“, fragt Hoffner. In Bad Mergentheim und im Kreis Hohenlohe, im Kreis Kassel und in Unterfranken hat es zumindest Spar-Appelle schon gegeben. In der HNA (Hessische/ Niedersächsische Allgemeine) vom 27. Juli dieses Jahres ist sogar zu lesen, dass Vereine im Kreis ihren Rasenplatz an manchen Tagen nur noch mit 1 l statt mit mindestens 20 l/m2 bewässert haben. Kunstrasenplätze benötigen zwar weniger Wasser, ganz ohne geht es aber nicht. Ebenfalls wird berichtet, dass dort, wo Einwohner zum Wassersparen aufgefordert wurden, wo aber auf dem Sportplatz weiterhin der Rasensprenger läuft, das Verständnis einiger Bürger an seine Grenzen stößt.
Nicht am falschen Ende sparen
„Wir sollen Energiesparen und im Stadion brennt ständig das Licht“ – diese Sätze erboster Bürger kennt Maximilian Wuttge auch. Täglich erreichen Wuttge diesbezüglich Anrufe aus Vereinen. Er ist Area Sales Manager für die DACH-Region bei der SGL System B.V. Das Unternehmen stellt Beleuchtungssysteme (Assimilationslicht) für Rasenspielfelder her. Was viele nicht berücksichtigen: Wenn am falschen Ende gespart wird, verbraucht das wesentlich mehr Ressourcen. Trocknet beispielsweise ein Rasenplatz aufgrund zu geringer Bewässerung aus und muss neu angelegt werden, kann das schon bei einem Standardrasenfeld in einem kleinen Sportverein schnell zehntausende Euro kosten. Der Energieverbrauch für derartige Maßnahmen beginnt bei der Saatgutherstellung und geht über den Transport bis hin zum Diesel für die Baumaschinen. Und verzichtet man beispielsweise auf die Rasenbeleuchtung und lässt einen Teil des Spielfelds im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln, muss man den Rasen häufiger erneuern. Bei etwa 8.000 m2 Rasenfläche werden rund 500 t Rollrasen auf 25 bis 30 Lkw benötigt. „Ich denke nicht, dass es energetisch klüger ist, drei- oder viermal im Jahr Rollrasen aus dem In- und Ausland mit Lkw in ein Stadion zu transportieren“, gibt Wuttge zu bedenken.
Pflege ist Unfallverhütung
Wo Profis spielen, ist „weniger“ Pflege weder möglich noch sinnvoll. Der Stadionrasen muss vorgegebenen Kriterien genügen. „Dabei geht es nicht nur um die Ästhetik des Rasens, sondern in erster Linie darum, Verletzungen der Spieler zu verhindern“, sagt Wuttge. Angesichts der steigenden Energiepreise sind Vereine schon von selbst bestrebt, den Energieverbrauch zu reduzieren, ohne die Qualität der Plätze zu gefährden. An der Rasenpflege zu sparen, ist jedoch die schlechteste aller Möglichkeiten. Besser sei es, die Pflege zu optimieren und zum Beispiel den Beregnungsbedarf oder den Lichtbedarf genau zu analysieren – das Know-how ist vorhanden und ausgebildeten Platzwarten und Greenkeepern bekannt.
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