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Verkehrssicherheit und Naturschutz

Noch einige Jahre als Habitatbäume nützlich

Die Meppener Straße in Altenlingen wird parallel zum Kanal von einem schmalen Waldstreifen gesäumt. Nach Baumpflegearbeiten in den vergangenen Wochen sind dort mehrere hohe Stümpfe zurückgeblieben. Was es damit auf sich hat, erklärt Förster Arno Fillies vom Bundesforstbetrieb Niedersachsen.

von Carl Hesebeck erschienen am 29.08.2024
Diese Buche war abgängig, soll aber zunächst als Habitatbaum erhalten werden. Sie bekommt wie ihre Nachbarn eine Sicherung aus Seilen. © Carl Hesebeck
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Der Forstmann leitet das Forstrevier Ems und betreut die Wälder des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Ems-Nordsee mit Sitz in Meppen. Unter anderem ist er an den Baumkontrollen entlang von Straßen, Wegen und natürlich Kanälen beteiligt. „Seit einigen Jahren ist der Klimawandel bei den Buchen hier auf dem Damm entlang der Meppener Straße deutlich zu spüren. Die Bäume sind nicht mehr so stark belaubt, manche Buche ist auch schon abgestorben“, erklärt Arno Fillies. Das Wurzelwerk der Bäume reicht bis an den Kanal, von dessen Wasser die Bäume bisher immer profitieren konnten.

Im Bereich zwischen der Altenlingener Brücke und der Holthauser Brücke mussten in den vergangenen Jahren immer wieder Bäume durch eine Fachfirma gefällt werden, weil sie nicht mehr standsicher waren und so zu einer Gefahr für den Verkehr an Land und auf dem Wasser wurden. Fillies hat aber auch nach Alternativen gesucht, um das Begleitgrün möglich lange zu erhalten. „Die Holzernte steht hier definitiv nicht im Vordergrund, der Waldstreifen hat aber einen hohen ökologischen Wert. Vor gut 16 Jahren war ich auf einem Baumpflegekongress in Wien und habe dort in einem Park eine tolle Idee gesehen, wie man diese Bäume als Lebensraum für Tiere länger erhalten kann“, berichtet Arno Fillies.

Auch dort war ein Baum abgestorben, aber mit Stamm und Kronenansatz erhalten worden. Genau wie an der Meppener Straße wurden die Äste entfernt und zwei Seile oben am Stamm angebracht. „Für das Konzept braucht es im Grunde zwei stabile Nachbarn, also vitale Bäume im direkten Umfeld. Dann wird wie hier vom Stamm der geschädigten Buche ein Seil zu jeder Seite eingebaut. Diese Kronensicherung verhindert dann, dass der etwa 6 bis 8 m lange Stamm beim Abbrechen auf die Straße fallen kann“, erklärt der Förster. Längst nicht jeder Standort eignet sich für dieses Vorgehen, die Kronensicherung ist zudem auch ein zusätzlicher Kostenfaktor.

Reste eines Hornissennestes am Stammfuß eines Habitatbaums: Die Insekten fühlen sich im Baum wohl, ein Specht scheint das Nest aber für sich entdeckt zu haben.
Reste eines Hornissennestes am Stammfuß eines Habitatbaums: Die Insekten fühlen sich im Baum wohl, ein Specht scheint das Nest aber für sich entdeckt zu haben. © Carl Hesebeck

In den Stämmen der betroffenen Buche breitet sich eine Weißfäule aus, die irgendwann auch die Wurzeln erreicht und so die Standsicherheit massiv einschränkt. Durch das Kappen der Krone und den Einbau der Kronensicherung kann der Baum aber noch etwa 10 bis 15 Jahre erhalten bleiben – und so als Lebensraum für Spechte, Fledermäuse, Hornissen und andere Insektenarten dienen. „Hier in Lingen gibt es im Wald des WSA derzeit acht dieser Bäume, in Meppen gibt es auch mehrere Eichen mit Kronensicherung“, erzählt Arno Fillies. In Lingen sind es hingegen hauptsächlich Buchen und Robinien, an der Holthauser Brücke steht eine Eiche. Dieser sogenannte Habitatbaum hat im vergangenen Jahr anscheinend Hornissen Unterschlupf geboten, im Umfeld des Stammes finden sich Reste des Nestes – vielleicht hat hier der Specht nachgeholfen. Die langsam abfallende Rinde bietet Unterschlupf für Fledermäuse, wenn sie zunächst noch vom Stamm absteht. „Solche Bäume sind als Lebensraum ein wichtiger Rückzugsort für die Tiere. Wenn wir eine solche Maßnahme planen, sprechen wir uns immer mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Stadt Lingen ab“, erklärt Fillies.

Der Zersetzungsprozess an dieser Eiche ist schon deutlich zu erkennen - für Tiere bieten sich hier vielfältige Unterschlupfmöglichkeiten.
Der Zersetzungsprozess an dieser Eiche ist schon deutlich zu erkennen - für Tiere bieten sich hier vielfältige Unterschlupfmöglichkeiten. © Carl Hesebeck
© Carl Hesebeck

Auch wenn den Bäumen mit dem Entfernen der Krone die größte Last genommen wird, sind weiterhin regelmäßige Kontrollen erforderlich. In Meppen, wo der Förster dieses Konzept schon länger umsetzt, sind deshalb schon die ersten Bäume gefällt worden. Sie hätten die zusätzliche Standzeit gut ausgeschöpft, seien nun aber nicht mehr standsicher und aus Sicherheitsgründen gefällt worden. Was passiert mit den Lücken, die nach den Fällarbeiten zurückbleiben? In kleinere Bereiche werden Linden gepflanzt, größere Fehlstellen werden mit Eichen besetzt – je nach Lichtangebot, denn Eichen vertragen im Gegensatz zu Linden kaum Schatten. „Buchen wollen wir hier auf dem Damm nicht pflanzen, denn der Standort ist für die Baumart nicht optimal“, ergänzt Fillies.

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