Blühstreifen im Einheitskaro
"Bienen dieser Welt, hört mir endlich zu! Ich weiß, es gab nichts mehr zu futtern, und deshalb haben wir ein paar Brosamen für Euch ausgestreut - auf Flächen, die eh da waren."
Ich bin nicht empfindlich. Aber wenn ich in den Medien das Wort "Blühstreifen" lese, bekomme ich Allergien.
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Nicht, weil es nicht schön wäre, dass am Ortsrand oder in der Feldflur mal wieder ein paar Blümchen blühen. Die Krise bekomme ich, weil sich dahinter der ganze Wahnsinn unseres Umgangs mit Fläche verbirgt. Das Anlegen von "Blühstreifen" und "Blumenwiesen" ist moderner Ablasshandel. Man schüttet öffentlichkeitwirksam Samen aus und macht weiter wie bisher. Das ist nicht nur deshalb fatal, weil die Mischungen im Folgejahr vergessen sind, das Ganze selbst also jeder Nachhaltigkeit entbehrt. Es ist dramatisch, weil es den kommunalen Lebensräumen, die wirklich wichtig sind, weiter schlecht geht.
Unlängst kam ich in meinem Wohnort an einer Böschung vorbei, die vom Naturschutz gepflegt wird. Im Auftrag der Gemeinde hatte ein Tiefbauer den angrenzenden Wirtschaftsweg verbreitert, die Gehölze mitten in der Vegetationsperiode brutal zurückgeschlagen (geschnitten konnte man es nicht nennen) und das Bankett geschält. "Gehölzschnitt" und Schälgut hatte er auf die Böschung geschmissen, für die Zukunft unpflegbar und kräftig überdüngt. Im Verlaufe des Weges hatte er das Schälgut in Richtung eines Quellhorizonts abgeschoben bzw. auf den Wurzelanlauf alter Eichen gekippt. Kommunaler Alltag. Aber gleich um die Ecke gibt es einen Blühstreifen.
Es mag sein, dass mancher unter Ihnen sich aus Überzeugung für "Blühstreifen" und "Blumenwiesen" einsetzt (ich muss das ob des Missbrauchs in Gänsefüßchen setzen). Und wenn parallel mit gleichem Engagement die kommunalen Biotope fachgerecht gepflegt werden, sind auch die blühenden Flächen nette Ergänzungen im Angebot. Findet das aber nicht statt, sind solche Einsaaten sinnlose - und trotzdem oft mit öffentlichen Mitteln geförderte - Alibiveranstaltungen, die suggerieren sollen, etwas für die Umwelt getan zu haben. Schon im Folgejahr müsste neu ausgesät werden, wenn es noch einmal funktionieren soll. Erlahmt das Engagement, ist das Spiel vorbei.
Flächenmanager dieser Welt, schaut deshalb, dass Ihr die entsprechenden Lebensräume (siehe Checkliste) fach- und situationsgerecht pflegt und Euren Einsatz auch erklärt. Kommunikation ist das A und O. Das hilft nicht nur der Natur mehr als jeder Blühstreifen. Es steigert auch den eigenen Stellenwert. Stümper gibt es genug.
- User_MTU5ODQyMA 19.09.2021 12:53Seit vielen Jahren beschäftigen wir uns mit dem Gestalten und Bauen von Lebensräumen für Mensch und Tier. Und genau, weil es uns von Anfang an so wichtig war, etwas nachhaltiges zu etablieren, besonders im Bereich der Blühwiesen und Säume, steigt die Nachfrage bei uns stetig an. Nicht jedes Jahr auf´s neue, sondern sich an dem - sich jährlich- veränderten Bild der Wildblumen zu erfreuen. Und nicht allein das Blumenbild macht Freude, sondern die damit zurückkehrenden heimischen Insekten begeistern Alt und Jung. Und das geht nur mit heimischen, autochthonem Saatgut. Denn nur das was in der Region beheimatet ist, bleibt auch dauerhaft!! Das System Wiese" ist so komplex aber auch so faszinierend, dass wenn es einem einmal"gepackt" hat, einen nicht mehr los läßt! Wenn unsere Kunden das erste mal uns ein Foto von einem Insekt senden, welches sie noch nie gesehen haben, dann weiß ich, dass auch Sie sich mit dem "Fieber" angesteckt haben. Das Naturkino vor den eigenen Haustür ist etwas großartiges und hat das Potenzial auch die Menschen wieder einen großen Schritt zum "Natur erleben" zurückzuführen, die bist dato kaum noch Berührungspunkte mit der Natur hatten! Ich kann also die ganz dringende Empfehlung aussprechen, an alle Kollegen und Kolleginnen aus der Gärtnerbranche, sich intensiv und fachlich fundiert mit dem Thema auseinander zusetzen und nicht deletantisch irgendeine Saatgutmischung auf irgendeinen Boden zu werfen!! Es schadet nur dem eigenen Image und, was noch viel wichtiger ist, der heimischen Tier - und Pflanzenwelt!! Matthias Lang Techniker & Meister für naturnahes GrünAntworten
- TW 19.09.2021 15:10Lieber Herr Lang! Vollkommen d’accord. Ich hoffe, dass es klargeworden ist, dass wir fachgerechte Aussaaten - besonders solche die auf Dauerhaftigkeit angelegt sind - ausdrücklich unterstützen. Wir wollen nur keine Alibiveranstaltungen. Viele Grüße, Tjards WendebourgAntworten
- User_MTU5ODMzNQ 17.09.2021 17:41Danke, großes Dankeschön für Ihre Meinung! Es gehen mir schon sehr lange ähnliche Gedanken durch den Kopf. Dieser Werbe hype mit Samen- tütchen. Sie stapeln und verstauben mehrheitlich in irgendwelchen Schubladen! Dieses sich in Szene setzen für die Presse mit ein paar Quadratmetern Blühstreifen. Greenwashing von Unternehmen und und und.. Da werden in Prospekten Obstgehölze zum Verkauf angeboten und es muss ein "BienenfreundlichLOGO" zusätzlich eingeblendet als zusätzliches Verkaufsargument. Ich hoffe der Baum ist darüber hinaus vegan, laktosefrei und enthält viel Eiweiß! Geht´s noch?Antworten
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