One-Man-Show: Bewässern und Reinigen
Die richtige Fahrzeugtechnik und moderne Systeme ermöglichen lange Streckenfahrten, großflächige Einsätze und punktgenaue Bewässerung im Einmannbetrieb. Moderne Geräteträger und Aufbauten können auch schwemmen und reinigen.
von Joachim Zeitner erschienen am 13.06.2024Viele Grünpflegeprofis gießen noch Bepflanzungen, Straßenbäume und Blumenkübel im städtischen Raum nach klassischer Manier von Hand. Die hierfür notwendige Grundausrüstung ist preisgünstig verfügbar, schnell beisammen und passt auf nahezu jeden üblichen Pritschenwagen: Ein ausreichend großer Wasserbehälter mit elektrisch betriebener Wasserpumpe, eine Haspel mit Schlauch und Pistole (das Ganze gibt es schon fix und fertig auf praktischen Wechselrahmen montiert), und schon können sie Frischwasser aufnehmen und losfahren.
Gießsysteme – üblicherweise verwendet man Niederdrucksysteme – bekommt man für kleine Transporter oder leichte und mittelgroße Lkw. An die Grundfahrzeuge werden außer genügend Platz und Zuladung auf der Ladefläche keine allzu großen Ansprüche gestellt. Sie müssen noch nicht einmal eigene Bordhydraulik haben. Viele Gießsysteme werden nämlich einfach an den Fahrzeug-Bordstrom angeschlossen oder können mit eigenen Benzinmotoren unabhängig vom Trägerfahrzeug betrieben werden. Mit einem beliebigen Transporter plus Zubehör kann also ein Zweierteam leidlich effektiv arbeiten. Oftmals erledigen die Gießtrupps dies noch in klassischer Arbeitsteilung: Einer von ihnen sitzt im Trägerfahrzeug und raucht, der andere läuft nebenher und gießt.

Gießen stop & go
Viele moderne Gießsysteme sind jedoch deutlich bequemer, wirtschaftlicher und vielseitiger verwendbar. Oftmals muss überhaupt kein Begleitmann mehr mitkommen. Das Wasser wird vielmehr über einen Gießarm an der Fahrzeugfront verteilt. Der Fahrer steuert ihn allein von der Kabine aus. Solche Systeme sind in elektrischer und hydraulischer Ausführung verfügbar und natürlich etwas kostspieliger als die einfache Lösung mit Wasserbehälter und Pumpe, Schlauch und Sprühpistole. Aber sie machen sich schnell bezahlt, denn sie sparen reichlich Arbeitszeit und Personalkosten, und die Systeme machen das Gießen nebenbei auch sicherer.
Beim Stop-and-go-Gießen von Bäumen und Blumenkübeln beispielsweise muss der Fahrer nicht jedesmal aussteigen und den gefährlichen Verkehrsraum betreten. Bei kontinuierlichen Gießfahrten wiederum kann er gleichzeitig fahren und lenken, den Gießarm bewegen und die abgegebene Wassermenge regulieren. Gießsysteme mit proportional gesteuertem Gießarm erlauben dabei sehr feinfühlige Bewegungen.

Gießen und Reinigen
Für reine Gießaufgaben genügen Niederdrucksysteme, die mit Betriebsdrücken von etwa 6 bar arbeiten. Einzelne Systeme erzeugen aber auch einen höheren Betriebsüberdruck. So lässt sich das Verhältnis aus Wasserdruck und Durchflussmenge genau dem Einsatzzweck anpassen. Neben dem Gießen von Bäumen und Bepflanzungen sind damit leichte Reinigungsarbeiten möglich. Zum Gießen wählt man einen niedrigen Druck und eine hohe Durchflussmenge, zum Waschen ein umgekehrtes Verhältnis. So können beispielsweise leicht verschmutzte Parkbänke, Wartehäuschen und anderes Stadtmobiliar gesäubert werden.
Hartnäckigen Schmutz entfernen jedoch nur die harten Wasserstrahlen aus Hochdrucksystemen. Nur deren Pumpen bringen den notwendigen Betriebsüberdruck von 180 bar und mehr. Aber die meisten Hochdruckpumpen liefern wiederum keine großen Wassermengen. Gießen und Waschen gelingt also mit derselben Pumpentechnik, Gießen und Hochdruckreinigen oder Schwemmen jedoch meistens nicht. Eine praktikable Lösung des Dilemmas sind Kombisysteme mit zwei Pumpen, einer Hochdruck- und einer Niederdruckpumpe für die jeweilige Anwendung.

Technik und Angebot
Einige Hersteller von Anbaugeräten liefern komplette Ausrüstungen zum Wässern, Schwemmen und Hochdruckreinigen sowie mit Wasserbehältern von rund 1.000 bis 10.000 l Fassungsvermögen. Ihre Gießsysteme können teilweise auch für andere Anwendungen verwendet werden. Zu den häufig genannten Marken gehören Eco Technologies aus Österreich sowie Fiedler und Reinex aus Deutschland, aber auch die deutschen Hersteller Bertsche, Hummel und Kugelmann.
Die Hersteller und Vertriebspartner von Kommunal-Geräteträgern – darunter Aebi Schmidt, Boschung, Daimler (Unimog), Hako (Citymaster, Multicar), Hansa Maschinenbau, Kärcher/Holder, Jungo, Ladog, Reform (Boki, Muli) und Victor Meili arbeiten teilweise in enger Kooperation mit diesen Lieferanten von Hochdruck- oder Niederdrucksystemen zusammen. Aber sie bieten deren Zusatzausrüstungen nicht exklusiv an, sondern lassen auch die Mitbewerber zu und führen teilweise deren Systeme in ihren Preislisten, um einen Kostenvergleich zu ermöglichen. Betreiber von Fahrzeugflotten können also eine Aufbaumarke nach Wunsch bestellen und richten sich dabei insbesondere nach der im Betrieb vorhandenen Fahrzeug- und Aufbautechnik.
Geräteträger auslasten
Warum aber sollte man sich mit Gieß- und Reinigungstechnik für die relativ kostspieligen Kommunal-Geräteträger befassen? Ganz einfach, weil diese Fahrzeuge vielfach ohnehin im Fuhrpark vorhanden sind, um im Winter die Räum- und Streuroutinen zu fahren. Zudem gehören die Fahrzeuge der meisten genannten Hersteller zu den sogenannten Schmalspur-Geräteträgern, die – vielfach mit Vorder- und Hinterradlenkung sowie mit Hundeganglenkung – sich wendig auf den engen Straßen in vielen Städten und Gemeinden bewegen und beim Gießeinsatz sehr nahe ans Objekt herankommen.
Verglichen mit ihrer kompakten Bauweise bieten sie zudem beträchtliche Nutzlasten zum Befördern großer Wassermengen – und gleichzeitig eine hohe Stabilität und Resistenz gegen Aufschaukeln bei Schnellfahrt und seitliches Kippen bei Lenkmanövern. Die Bordhydraulik ermöglicht den Betrieb leistungsfähiger Hochdruck- und Niederdruckpumpen für alle erdenklichen Anwendungen von Wasser im Stadtgebiet. Zudem geht es immer darum, für die Geräteträger einen Zusatznutzen zu generieren.
Gießen und wässern, hochdruckreinigen und Wildkraut bekämpfen mit einem und demselben Fahrzeugaufbau? Klingt vielversprechend – und kann auch funktionieren. Der norddeutsche Hersteller Hako (www.hako.com) bietet seine Geräteträger der Marke Citymaster in Kombination mit einem Weco-Fahrzeugaufbau von Weed Concept – beispielsweise dem Modell Weco M900 City.
- Hochdruckreinigung: Verschmutzungen an städtischem Mobiliar, Müllcontainern und Fassaden lassen sich mit bis zu 100 bar Wasserdruck (stufenlos regulierbar) und einer Wassertemperatur von 50 bis 100 °C schnell, effektiv und schonend entfernen.
- Wildkrautbekämpfung: Dank einer konstanten Wassertemperatur von mindestens 98 °C wird der Organismus der störenden Pflanzen nachhaltig geschädigt oder abgetötet.
- Gießen: Mit einer Wasserleistung von 15–l/min und einem großen 900-l-Wassertank können selbst große bepflanzte Flächen komfortabel und mit geringem Aufwand mit Wasser versorgt werden.
Die Energieversorgung des Fahrzeugaufbaus ist unabhängig vom Geräteträger: Elektrische Energie liefert ein Akku, der mit einer Ladung je nach Anwendung mehrere Stunden Betrieb ermöglicht. Das Heizelement wird von einem Dieselmotor angetrieben. Die Geräte von Weed Concept werden exklusiv von Hako angeboten und bieten mit ihrem Baukastensystem praktische Lösungen für verschiedene Aufgaben.
Etablierte Hersteller bieten smarte Hard- und Softwarelösungen, mit denen sich Gieß- oder auch Streuroutinen koordinieren, planen und dokumentieren lassen. Die Datenerfassung Fiedler-Connect etwa ist eine professionelle und preisgünstige, cloud- und satellitengestützte Lösung für Anwender, die volle Kontrolle über ihre Fahrzeuge und deren Aufträge haben wollen. Im Vorfeld geplante Aufträge mit optimaler Routenführung und den auszubringenden Stoffen sparen Zeit und Kosten schon vor dem Einsatzbeginn.
Während der Gießfahrt wird gewährleistet, dass Bäume, Sträucher oder Pflanzinseln auf Knopfdruck genau die notwendige Wassermenge erhalten. Die Fahrzeuge können in Echtzeit überwacht und die ausgeführten Arbeiten im Nachgang ausgewertet werden. Automatisierte Wartungsroutinen reduzieren zudem Stillstand und Verschleiß. Fiedler-Connect besteht aus einem Hardwaremodul und bis zu drei aufeinander aufbauenden Softwarepaketen „Basic“, „Professional“ und „Professional-Plus“. Eine Voraussetzung für Fiedler-Connect ist, dass die An- und Aufbaugeräte über das Bedien- und Informationspult Fiedler-Multimatic-Control (FMC) bedient werden (www.fiedler-maschinenbau.de).
Die knapp 840.000 Stadtbäume Berlins werden regelmäßig von Bürgern gegossen. Das CityLAB, Berlins öffentliches Innovationslabor, hat dafür im Mai 2020 die Online-App „Gieß den Kiez” (www.giessdenkiez.de) gelauncht. Hier erhalten die ehrenamtlichen Helfer über eine virtuelle Karte Informationen zum Alter, Wasserbedarf und zur letzten Bewässerung einzelner Bäume. Zusätzlich können sie Bäume „adoptieren“ und sich so verpflichten, sie in regelmäßigen Abständen zu bewässern. Inzwischen kümmern sich mehr als 4.000 Leute um über 7.500 Bäume. Das Gießwasser können sie aus den über 2.000 Berliner Straßenbrunnen, die ebenfalls verzeichnet sind, beziehen. Basierend auf Nutzerfeedback wird die Online-App stetig optimiert und um weitere Features erweitert – kürzlich mit barrierefreierem Verlauf und neuer Such- und Filterfunktion. Sie wird täglich mit Daten des städtischen Baumkatasters sowie Niederschlagsdaten des Deutschen Wetterdienstes aktualisiert. Künftig sollen spezielle Labels die Bäume kennzeichnen, die bereits vom lokalen Straßen- und Grünflächenamt versorgt werden. Die Online-App entlastet die Kassen der Bezirksämter, denn diese kostet die Bewässerung in den Sommermonaten durchschnittlich 10 € pro Baum. Die Aktion findet Nachahmer: So haben Leipzig und Magdeburg eigene Anwendungen auf Basis des frei zugänglichen Codes von „Gieß den Kiez“ entwickelt, in Münster und Bielefeld arbeitet man gerade daran. Inspiriert durch einen Delegationsbesuch im CityLAB wurde in Paris die Gieß-App „Arbogeste“ entwickelt. Markus Stein, HotDot Communications, Berlin
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