Schnelligkeit ist Trumpf
Nicht nur beim Fußball, auch beim Greenkeeping auf den Plätzen ist Schnelligkeit Trumpf. Auf dem Trainingsplatz des 1. FC Nürnberg bringt eine schnell drehende Bewässerungsanlage in kürzester Zeit Tempo ins Spiel.
von Susanne Wannags erschienen am 04.12.2024Wer den Satz „Nur die Spitzen bitte“ hört, ist entweder Friseur oder Greenkeeper. Stefan Kraus ist letzteres. Er arbeitet gemeinsam mit seinem Kollegen Oliver Happel als Head-Greenkeeper beim 1. FC Nürnberg (FCN) und sagt, was es mit den „Spitzen“ auf sich hat: „Die Profispieler trainieren gerne auf feuchtem Rasen.“ Die Feuchtigkeit verringert den Rollwiderstand des Balles und macht ihn schneller. Gleichzeitig sollte jedoch der Boden nicht nass sein – das wiederum macht den Rasen rutschig und der Boden wird durch das Laufen verdichtet.
Zeit und Wasser sparen
Ein Balanceakt, den man beim FCN mit einer neuen Bewässerungsanlage auf dem Trainingsplatz meistert. Zusätzlich zu den vorhandenen Regnern wurden acht Toro-Getrieberegner der Serie 640 im Mittelfeld eingebaut, von denen befinden sich je zwei an den Torseiten, vier an den Längsseiten und drei in der Mitte des Spielfelds. Ihre Besonderheit: Sie drehen sich innerhalb von 45 Sekunden einmal um die eigene Achse und bewässern die Fläche. „So bringen wir innerhalb kurzer Zeit Wasser auf den Platz, haben jedoch keine tiefgründige Bewässerung“, erklärt Kraus. Die konventionellen Regner hingegen benötigen etwa vier Minuten, um die Fläche zu wässern, die ausgebrachte Wassermenge ist dabei fünfmal höher als bei der Anfeuchtung der „Gräserspitzen“.
Die schnellen Regner haben sich bereits im Nürnberger Max-Morlock-Stadion bewiesen. Grund genug für Kraus, sich dafür einzusetzen, die Regner auch auf dem Trainingsplatz der Profis zu installieren. „Wir sparen dadurch Wasser, und die Bespielbarkeit des Platzes bleibt gewährleistet.“ Wie schon im Stadion wurden die Regner von Helmut Lößl, Beregnungsspezialist aus Nürnberg und Toro-Gebietsvertreter, eingebaut. Er sieht den größten Vorteil der 640er-Serie in der Geschwindigkeit. „Jeder Trainer legt Wert darauf, dass in der Halbzeitpause der Platz bewässert wird. Das dauert mit den Regnern gerade mal zwei Minuten.“
Verantwortlich für 18 ha
Gemeinsam mit seinem Kollegen Oliver Happel, neun Greenkeepern und drei Aushilfen ist Kraus als Grünpflege-Dienstleister im Stadion tätig und für das 18 ha große Trainingsgelände des 1. FCN verantwortlich – vom Rasen bis zu den Nebenflächen. Auf acht Natur- und zwei Kunstrasenfeldern trainieren dort außer den Profis zwölf weitere Mannschaften, von U10 bis U23.
Während Oliver Happel vor allem für die Pflege und Instandhaltung der Nebenflächen verantwortlich ist, gilt Stefan Kraus’ Leidenschaft dem Rasen. Nach dem dualen Studiengang Landschaftsbau-Management in Weihenstephan kam Kraus im April 2016 als festangestellter Greenkeeper zum Nürnberger Verein. Vorab hatte er dort ein Praktikum absolviert. 2020 schloss er die Weiterbildung zum Fachagrarwirt Sportplatzpflege ab, dieses Jahr folgte der Head-Greenkeeper.
Lieber säen statt ausrollen
Ginge es nach ihm, würde er die Rasenspielfelder lieber ansäen, als Rollrasen zu verwenden. „Rollrasen ist auf dem Boden erst einmal ein Fremdkörper.“ Der Anzuchtboden ist in der Regel nährstoffreicher als der Unterboden auf dem Spielfeld. „Warum sollten die Wurzeln der Rasengräser also nach unten wachsen? Man geht ja auch nicht zum Bier holen in den Keller, solange der Kühlschrank voll ist“, verdeutlicht Kraus. Also gilt es, den oberen Bereich abzumagern, damit die Wurzeln sich nach unten orientieren. Mit stimulierenden Mitteln kann man zwar versuchen, sie nach unten zu locken, aber: „Man trickst die Physik nicht aus und hat plötzlich 15 cm lange Rasenwurzeln.“
Für eine Ansaat sind die Zeitfenster beim Profi-Fußball meist zu gering. Bleibt nur, Rollrasen bei Züchtern zu kaufen, deren Bodenverhältnisse zumindest ähnlich sind wie auf den Rasenspielfeldern. „Unsere Rollrasenlieferanten kommen meist aus dem norddeutschen Raum und aus Holland.“ Falls möglich, würde Kraus gerne im wechselnden Turnus einen der Trainingsplätze stilllegen, ihn abfräsen und einsäen. „Bis er wieder bespielbar ist, dauert es zwölf Wochen. Dafür ist der Rasen allerdings robuster und die Maßnahme kostengünstiger als die Verlegung von Rollrasen.“
Luft an die Wurzeln bringen
Auch wenn das Potenzial für mehr Nachhaltigkeit bei der Grünpflege nicht so groß ist wie beispielsweise bei der Infrastruktur von Sportplätzen – Energieversorgung, Wärmedämmung von Gebäuden oder eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr –, spielt sie doch eine große Rolle für Kraus. „Wir versuchen hier beispielsweise, Wasser einzusparen.“ Dabei helfen kleinteilige Bewässerungsanlagen mit digitaler Steuerung, die es erlauben, Stellen, die besonders trockenheitsgefährdet sind, häufiger zu wässern als andere.
Fast noch wichtiger als die Versorgung des Rasens mit Wasser und Nährstoffen ist es für Kraus, dafür zu sorgen, dass genug Luft an die Rasenwurzeln kommt. „Wir aerifizieren alle ein bis zwei Wochen die Plätze mit Vollspoons. Seit zwei Jahren striegeln wir auch regelmäßig und holen damit viel abgestorbenes Gras heraus. Das bringt sehr viel.“ Auf seiner Wunschliste steht daher noch eine Bodenbelüftungsmaschine. Als Beispiele nennt er den Airter der Novokraft AG oder den AirG2G von Gemac. Im Gegensatz zu Bodenlanzen sind diese Maschinen selbstfahrend beziehungsweise lassen sich an einen Traktor anhängen.
Auch das eine oder andere selbstfahrende automatisierte Arbeitsgerät würde er sich für die Zukunft wünschen. Installation und Betrieb sind unkompliziert: „Es gibt ja beispielsweise für automatische Mäher von der Form her nichts Einfacheres als einen Sportplatz“, schmunzelt Kraus. Die nächste Anschaffung wird allerdings erst einmal ein Linierroboter sein.
1- 1. Fußball-Club Nürnberg, Verein für Leibesübungen e. V. (1.FCN.)
- Gründung: 4. Mai 1900 Geschäftsführung: Joti Chatzialexiou (Vorstand Sport), Niels Rossow (Vorstand Strategie & Marketing), Stefan Heim (Vorstand Finanzen)
- Headgreenkeeper: Oliver Happel, Stefan Kraus
- Tätigkeitsfelder: Fußball (eigenständig seit 1995) (Dachverband: Boxen, Handball, Roll- und Eissport, Schwimmen, Ski, Tennis (eigenständige Vereine seit 1995)
- Mitarbeiter: gesamt: 480, Mitarbeiter im Bereich Sportanlagen: 14 Mitarbeiter, davon 3 auf geringfügiger Beschäftigung angestellt
- Fuhrpark/Maschinen: drei Fairwaymäher (Jacobsen/Ransomes), drei Großflächen-Sichelmäher mit Schnittgutaufnahme (Grillo und Iseki), einen Rasentraktor-Sichelmäher mit Aufnahme (Iseki), drei Traktoren (Fendt), ein Radlader (Atlas)
- Anbaugeräte: Kunstrasenreinigungsmaschine, Perforations- sowie Schlitzsämaschine, drei Aerifiziermaschinen, Vertikutierer, Striegel, Räumschilder und Salzstreuer für Winterdienst, Topdresser, Pendeldüngerstreuer.
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