Habitatbaum Friedenslinde für die Zukunft gesichert
Jens Rinau (ETW/FAW/B.Sc. Arboristik) und seine Frau Birgit Klumpp (FLL-zertifizierte Baumkontrolleurin) sind mit ihrer Firma Rinau Baumpflege in Winterlingen (Oberschwaben) ansässig. Im Januar hatten sie einen besonderen Auftrag: die Untersuchung und Sicherung der Friedenslinde in Bad Saulgau, die 1871 zum Ende des deutsch-französischen Krieges gepflanzt wurde.
- Veröffentlicht am

Die also circa 160 Jahre alte Sommerlinde (Tilia platyphyllos) war durch mehrere stark ausgeprägte Höhlungen und Einfäulungen, eine Menge Totholz und Astabbrüche nur noch eingeschränkt stand- und bruchsicher. Der Standort dieser Linde ist direkt an einerstark frequentierten Hauptstraße, einem Gehweg und einer kleinen Kapelle, weshalb großes Augenmerk auf die Verkehrssicherheit gelegt werden muss.
Jens Rinau untersuchte zunächst die Linde mit dem IML RESI 40, ein Bohrwiderstandsmessgerät. Hiermit wird die Restwandstärke gemessen; auch Höhlungen und Einfäulungen durch holzzersetzende Pilze sowie eine eventuell vorhandene Bildung von Reaktionsholz kann man damit feststellen.
In dieser Friedenslinde wohnen tatsächlich ein Eremit, der Juchtenkäfer (Osmoderma eremita), und der Lindensplintkäfer (Lyctus brunneus), die beide zu den streng geschützten Arten gehören. Der Baum gilt somit als Habitatbaum. Außerdem wurden bei der eingehenden Untersuchung ältere Pilzfruchtkörper des Austernseitlings (Pleurotus ostreatus) festgestellt, was auch durch die Untersuchung mit dem IML RESI 40 bestätigt wurde. Dieser Pilz ist ein Schwächeparasit mit hoher Zerstörungskraft (er verursacht Weißfäule) , das heißt, er löst einen irreparablen Holzzersetzungsprozess aus.
Die Linde wurde an der gesamten Oberkrone eingekürzt (circa 3 bis 4 m), um eine temporäre Entlastung des Resthabitus zu erzielen und den Baum somit wieder verkehrssicher zu machen. So kann er bei entsprechender Pflege noch sehr lange stehen - eine Sommerlinde kann bei guten Standortbedingungen 500 bis 800 Jahre alt werden. Zusätzlich wurde die alte Stahl-Kronensicherung ausgetauscht und durch eine neue (Kombination aus einer statischen und einer dynamischen) Kronensicherung ersetzt. Gärtner der Stadt Bad Saulgau arbeiteten mit.
Für diese Pflegemaßnahme war der Einsatz eines Hubsteigers (Palfinger) von der Firma Stützle-Späth nötig, da der Baum in dem vorgefundenen Zustand nicht mehr kletterbar war, da nur noch eingeschränkt stand- und bruchsicher. "Den Hubsteiger haben wir zur Zeit sowieso im Einsatz. Der Arbeitsaufwand wurde als sehr hoch eingeschätzt, so dass der Einsatz des Hubsteigers die Arbeit sehr erleichterte. Außerdem wollten wir die verschiedenen Höhlen dokumentieren und herausfinden, welche schützenswerten Arten sich darin aufhalten bzw. befinden, was sich vom Hubsteiger aus besser bewerkstelligen lässt", erklärt Bad Saulgaus Stadtgärtnermeister Jens Wehner, der mit der Firma Rinau regelmäßig zusammenarbeitet.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.