"Es braucht einen offenen Brief an die Bundesregierung und zuständige Kammern"
Ihre fachlich fundierte Leidenschaft für den Schutz der Bäume öffnet Türen: Daniela Antoni, selbständige Baumkontrolleurin in Stockstadt, hat das Thema Bäume in überregionale und soziale Medien gebracht, darunter in FAZ, Spiegel und Deutschlandfunk. Am 25. Juli refereriert sie in einem Webinar in der Ulmer-Akademie.
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1) Der Baumschutz auf Baustellen ist ein großes Thema, das auch im nächsten Jahr auf den Deutschen Baumpflegetagen einen Schwerpunkt bekommen soll. Was bewegt Dich als zertifizierte Umweltbaubegleiterin diesbezüglich am meisten?
Daniela Antoni: Aktuell läuft die Dienstleistung generell sehr gut für die wenigen Anbieter, die wir dafür in Deutschland haben, da bin ich zufrieden. Doch es lenkt leider etwas vom Grundproblem ab, das wir bei der Dendrologischen Baubegleitung haben. Wir Sachverständige werden hinzugezogen, wenn die Planung schon steht, und dann sollen wir „retten was zu retten ist“ von den Wurzeln.
Weit sinnvoller, zukunftsträchtiger und fachlicher wäre es allerdings, wenn Baumexpertise von Anbeginn mit im Boot ist. Wenn mit den Architekturbüros geredet wird, Entwürfe entstehen etc. Ich wünsche mir eine echte Problembekämpfung zum Erhalt, keine Symptombehandlung für Bäume auf Baustellen.
2) Sollte der Baumschutz auf Baustellen Teil der Ausbildung in den Bauberufen und in den entsprechenden Studiengängen werden? Wie schnell könnte man das umsetzen?
Daniela Antoni: Die Frage, wie schnell, ist vermutlich eng mit der deutschen Bürokratie verknüpft. Aktuell legt meines Wissens die IHK in ihrer Ausbildungsordnung fest, was Lehrinhalte sind. Es bräuchte einen offenen Brief von uns Baumexperten, der geschlossen an die Bundesregierung bzw. das zuständige Ministerium weitergereicht wird und auch an die Ausbildungskammern geht.
Aber vor allem bräuchte es jemanden, der hier tätig wird. In der grünen Branche stelle ich leider immer wieder fest, dass viel geredet, aber wenig angegangen wird! Die Zukunft ist jetzt. Vielleicht hat jemand Muße nach dem Text, sich dem zu widmen.
3) Auf Deiner Homepage stellst Du Deine beiden Mitarbeiter vor, die Hunde Finlay & Watson. Sie sind bei Weitem nicht nur Begleiter – sie helfen Dir ganz praktisch. Was genau können die beiden?
Daniela Antoni: Eigentlich ist nur Finlay hochambitioniert, wenn es darum geht, Pilzmyzel von z.B. wurzelzersetzenden Baumpilzen wie dem aggressiven Hallimasch zu erschnüffeln. Watson kann zwar auch das ganze Jahr über die nur wenige Monate im Jahr existenten Pilzpartikel erschnüffeln, bevorzugt aber das Home-Office.
4) Welchen Eindruck hast Du bezüglich der Entwicklung von Schadorganismen an Bäumen (Pilze, Insekten, Misteln …)? Müssen wir uns gerade um die alten Bäume Sorgen machen?
Daniela Antoni: Wir sollten uns generell mehr Sorgen um die Natur machen. Unser Konsum bedingt den Klimawandel. An unseren Bäumen sehen wir nur seine Folgen. Viele Baumarten sind aktuell unglaublich im Stress. Das bedingt eine Anfälligkeit für diverse Faktoren wie Pathogene und „Schädlinge“ oder klassische Stressoren im öffentlichen Raum wie Streusalze, etc. Manche Baumarten werden sich versuchen anzupassen.
Manche werden es nicht schaffen, und wieder andere werden sich durchsetzen. Es ist momentan eine hochspannende Situation, dabei zuzusehen, aber gleichzeitig auch eine sehr deprimierende, wenn man die Bäume im Kataster zu den Vorjahren vergleicht.
5) Welches Erfolgserlebnis hattest Du in letzter Zeit beim Schutz von Bäumen?
Daniela Antoni: Ich arbeite aktuell mit einer Großstadt an der Ausgestaltung zur Umsetzung eines Schwammstadtkonzeptes und bin dort auf der Baustelle als dendrologische Baubegleitung abgestellt. Seitens der Stadt wird auch überwacht, und die dortige Bauleitung ist gefühlt das erste Mal ehrlich daran interessiert, möglichst viele und alte Bäume zu erhalten. Sonst sind wir als Baumschützer eher eine unliebsame Auflage auf der Baustelle, dieser Auftrag zeigt mir kontinuierlich, dass auch andere Gesinnungen möglich sind. Das sticht heraus und baut auf.
Daniela Antoni ist im Rahmen der Ulmer-Akademie Referentin des Online-Praxisseminars „Stadtbäume erhalten 1“ am 25. Juli. Hier können Sie sich anmelden.
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