"Die Vergabepraxis ist problematisch, nicht die Ausschreibungspraxis"
Unser Leser, Baumpfleger Olaf Christian Pressel aus Stuttgart, hat uns zum Expertenbrief-Artikel "Ausschreibungen - ein (un-)kalkulierbares Risiko" von Tobias Siegert einen Kommentar zugeschickt.
- Veröffentlicht am
Olaf-Christian Pressel ist Inhaber des Betriebs Die Pressler. Er schreibt:
Für mich ist das allerproblematischste die Vergabepraxis, nicht die Ausschreibungspraxis, ohne die genannten Punkte schmälern zu wollen. Es soll ja der Wirtschaftlichste den Zuschlag erhalten, und dabei wird regelmäßig aus Bequemlichkeit, Geldknappheit, Unwissenheit oder sonst welchem Beweggrund auch immer der monetär billigste erkoren. Zielführend wäre es allerdings, und es ist ohne zusätzlichem Aufwand erreichbar - sofern, wovon ich ausgehe, rechtlich zulässig - wirklich das wirtschaftlichste Angebot folgendermaßen zu ermitteln: Bei mehr als vier vorliegenden gültigen Angeboten wird das "teuerste" und das "billigste" gestrichen, aus den verbleibenden Angeboten wird ein Durchschnitt errechnet und das Angebot, welches dem Durchschnitt am nächsten kommt, egal ob darüber oder darunter, ist das Wirtschaftlichste und erhält den Zuschlag.
Bei Vorlage von weniger Anbegoten als vier können alle vorliegenden genommen werden oder es muss neu ausgeschrieben werden.Vorteile:
- Der Betrieb, der am saubersten gerechnet hat, ohne sich durch Preisdumping oder "Über die Stränge schlagen" versucht Vorteile zu verschaffen, die nichts mit der fachlich korrekten Ausführung der Arbeit zu tun haben, der erhält den Auftrag.
- Jeder Bieter, der ernsthaft an einem Zuschlag interessiert ist, wird versuchen, sauber zu rechnen, um möglichst genau derjenige zu sein, der dem Durchschnitt am nächsten kommt, ein klarer Vorteil für die fachlich korrekte Ausführung, also eine Planungssicherheit für die ausschreibende Stelle.
- Die Durchführung der Arbeiten erfordert viel weniger Nachkontrollen durch den Auftraggeber, da der Betrieb garantiert eine auskömmliche Entlohnung seiner Arbeit erhält und daher ohne Zeitdruck einwandfrei und sauber arbeiten kann und wird.
- Alle sind zufriedener und es wird eine fachlich saubere Arbeit zu einem auskömmlichen Preis abgegeben, die weniger Nachkontrollen benötigt, was unter Umständen in der Gesamtkostenkalkulation den Mehrpreis gegenüber der Vergabe an den Billigsten ausgleicht. Das nenne ich "am wirtschaftlichsten". Ich bin seit langem auf der Suche, diese Überlegungen irgendwie an die Entscheidungsträger heran zu bringen, nur diese sind für mich nicht greifbar.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.