„Nicht mit Verboten, sondern eher mit Geboten arbeiten“
Pit Schumacher ist öbv Sachverständiger für Baumpflege, Verkehrssicherheit von Bäumen und Baumwertermittlung sowie Lehrkraft im Studiengang Arboristik an der HAWK in Göttingen. Eines seiner Spezialgebiete ist der Baumschutz auf Baustellen (siehe auch Webinarankündigung in diesem Expertenbrief). Hier verrät er uns, wie man in der Praxis zum Erfolg kommt.
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Pit Schumacher
1) Wann war Ihnen das erste Mal bewusst, dass Baumschutz auf Baustellen ein großes, branchenübergreifendes Thema ist, über das dringend informiert werden sollte? Hatten Sie „Schlüsselerlebnisse“?
Pit Schumacher: Vor etwa sieben, acht Jahren, als bei uns in der Gegend der Glasfaserausbau begann, hatte ich den ersten großen Auftrag, in dem das in der Planung berücksichtigt wurde und bei dem ich merkte, wie gut das funktionieren kann. Da habe ich begonnen, mich weiter zu informieren und andere Gewerke einzubeziehen. Ich hatte das Gefühl "da habe ich Bock drauf", erst recht, wenn einem zugehört wird und sich Erfolge zeigen.
2) Das Thema geht alle Bauschaffenden an, von Planung/Ausschreibung bis in die sprichwörtliche Tiefe der Baugruben. Wie, denken Sie, sind die verschiedenen Akteure zu erreichen?
Pit Schumacher: Zunächst Stille, Gelächter, Murmeln ... Eine sehr schwierige Frage. Es ist wichtig, nicht mit Verboten, sondern eher mit Geboten zu arbeiten. Nicht auf die Baustelle kommen und den Ton angeben, sondern miteinander auf Augenhöhe reden, da wird man auch gehört. Viele Firmen wurden über das Thema bereits in Kenntnis gesetzt, aber durch den Preisdruck überlegt man, wo gespart werden kann, und da fällt der Baumschutz noch oft hinten runter.
3) Halten Sie es für sinnvoll, dass das Thema auch in den Studiengängen und Ausbildungsinhalten im Bauingenieurwesen, Straßen- und Tiefbau, Rohrleitungsbau etc. verankert wird? Gibt es dazu schon Initiativen?
Pit Schumacher: Das gibt es schon, es ist Bestandteil der Ausbildung im GaLaBau, und auch im Tiefbau sowie im Bauingenieurwesen wird darüber gelehrt. Es ist aber kein Fokusthema. Man kann es den Leuten nicht verübeln, wenn sie es nicht wissen. Wir müssen aufklären.
4) Was sind die gröbsten Fehler bzw. an was wird am wenigsten gedacht?
Pit Schumacher: An die Wurzeln wird zu wenig gedacht. Das zeigt sich auch immer, wenn ich SeminarteilnehmerInnen bitte, einen Baum zu zeichnen. Da fehlen fast immer die Wurzeln. Der Wurzelbereich ist am sensibelsten, Fehler sind hier also am schwerwiegendsten. Wenn ich einen Ast an der Krone abbreche, dann kann der Baum das mitunter gut kompensieren. Wenn ich Wurzeln kappe, können sowohl Vitalität als auch Verkehrssicherheit akut beeinträchtigt werden. Aber selbst GaLaBau- oder Baumpflegefirmen sind nicht immer sensibel und stellen ihre Autos im Kronentraufbereich ab.
5) Haben Sie auch schon Positives erlebt bzw. gibt es auch positive Beispiele, die Mut machen?
Pit Schumacher: Ja, ich erlebe sehr viel Positives. Gute Erfahrungen habe ich in meiner Heimatstadt Hamburg mit Firmen aus dem Tiefbau und Planungsbüros gemacht. Verantwortliche aus Saugbaggerfirmen wissen manchmal mehr als solche aus dem GaLaBau. Insgesamt wäre es sinnvoll und wichtig, wenn in solchen großen Baufirmen Umweltbaubegleiter fest angestellt wären. Eine gute Perspektive für diesen Beruf ... … obgleich mir bewusst ist, dass dies viel Diskussion verursachen kann, da grundsätzlich externes Personal für diese Tätigkeiten eingesetzt werden soll.
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