Weichen für den Schutz der Alleen gestellt
Am 13. März 2025 fand in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin die Nationale Alleentagung statt. Gekommen waren 170 Interessierte aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden. In Vorträgen und Diskussionen wurden Strategien, Lösungsvorschläge und Forschungsergebnisse behandelt.
von Dr. Philipp Schönfeld erschienen am 09.04.2025Organisiert wurde die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Veranstaltung (hier das Programm) von der Stiftung Die Grüne Stadt in Kooperation mit dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Förderverein Baukultur Brandenburg und der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL). Die Nationale Alleentagung 2025 bot somit eine hervorragende Gelegenheit, Konzepte für den Schutz, die Neupflanzung und die professionelle Unterhaltung von Straßenbäumen zu diskutieren.
Die Tagung gliederte sich in Fachvorträge, Diskussionsrunden und Praxisberichte unter der Fragestellung: Welche Strategien können wir gemeinsam entwickeln, um Alleen zu erhalten und neue für die Zukunft zu begründen? DBU-Generalsekretär Alexander Bonde hob in seinem Grußwort die Bedeutung der Alleen als ökologisches, kulturelles und landschaftsprägendes Element in der gesamten Bundesrepublik hervor und betonte die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen für ihren Schutz. Sie erhöhen die Artenvielfalt und verbinden Lebensräume. Ihr Potenzial müsse geschützt und ausgeweitet werden. Der dramatische Verlust des Alleenbestandes in den meisten Bundesländern mache Handeln dringend erforderlich und erfordere innovative Konzepte sowie eine enge Zusammenarbeit aller Akteure.

Erste Erfassung von Alleen in Deutschland
Im ersten Themenblock „ Zur Alleensituation“ stellte Prof. Dr. Jürgen Peters von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) das DBU-geförderte Forschungsprojekt „Alleen in Deutschland“ vor – die erste Erfassung von Alleen in Deutschland überhaupt. Trotz gesetzlicher Schutzmaßnahmen in einigen Bundesländern und zahlreicher Initiativen sind die Bestände insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern drastisch zurückgegangen. Seine Bestandsaufnahme zeigte, dass in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg die meisten Alleen vorhanden sind, gefolgt von Niedersachsen. Die „Schlusslichter“ sind Baden-Württemberg, Bayern und das Saarland.
Christian Meyer, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klima, hatte dankenswerterweise die Schirmherrschaft für diese Tagung übernommen. Er betonte, dass viele und artenreiche Alleen in einigen Teilen Niedersachsens das Landschaftsbild prägen. Seit dem Volksbegehren Artenschutz sind sie ein besonders geschütztes Landschaftselement im Niedersächsischen Naturschutzgesetz. Alleen leisten einen wichtigen Beitrag für den Natur- und Landschaftshaushalt. Sie haben positive Wirkung auf die Umgebungstemperatur und das Klima, produzieren Sauerstoff, filtern Schadstoffe aus Luft und Wasser, vermindern Windgeschwindigkeiten und Bodenerosion. Sie sind nicht nur Lebensraum für bedrohte Arten, sondern vernetzen diese miteinander.
Forschungsergebnisse und -bedarfe
Der zweite Themenblock war überschrieben mit „Alleenperspektive: Baumartenwahl, Forschungsergebnisse und Forschungsbedarfe“. Dr. Philipp Schönfeld (vormals LWG Veisthöchheim) stellte im Vortrag „Zukunftsbäume für Alleen – eine Bilanz des Versuchsstandortes Veitshöchheim“ die Ergebnisse der Versuche vor und erläuterte, in welchem Maß sie sich auf Alleenstandorte übertragen lassen.
Bodenverdichtungen sind auch an Alleebaumstandorten ein Problem. Thorsten Gaertig von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen berichtete über seine Ergebnisse aus dem Projekt „Bodenschadverdichtungen und deren Sanierung“. Thomas Amtage aus Berlin (amtage Landschaftsarchitektur), in Vertretung der kurzfristig erkrankten Diana Ganzert, stellte „Stand und Ausrichtung der Allee- und Straßenbaumversuche“ am Kompetenzzentrum Garten- und Landschaftsbau in Quedlinburg vor. Seit 1995 werden dort verschiedene Baumgattungen, -arten und -sorten geprüft und kontinuierlich bonitiert. Derzeit umfasst der Versuch 455 Prüfbäume aus 28 Gattungen, 67 Arten und Hybriden sowie 119 Sorten. Die lange Versuchsdauer und kontinuierliche Bewertung machen den besonderen Wert dieses Versuchs aus.
Den Auftakt für den Themenblock 3 „Alleenperspektive: Akteure und ihre Aufgaben“ gab Dr. Sven Reiter, Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern, mit seinem Vortrag „Welche Strategien sind für öffentliche Auftraggeber denkbar?“ Er stellte eine ganze Reihe von Maßnahmen vor zu Schutz, Entwicklung und Verwaltung von Alleen: Alleensicherungs- und Entwicklungsprogramme, Planfeststellungsverfahren für Alleenentwicklungsstrecken, Digitalisierung des Baumkatasters (digitale Baumzwillinge) und der Einsatz neuer Medien für die Öffentlichkeitsarbeit.
Baumschulen brauchen Vorlaufzeit
Christoph Dirksen, FLL Präsidiumsmitglied und Vorsitzender des Bundes deutscher Baumschulen Nordrhein-Westfalen, warb in seinem Vortrag „Wie kann die Baumschulwirtschaft in Zukunft bedarfsgerecht produzieren?“ für eine sehr frühzeitige Abstimmung der Planer mit den Baumschulen in Bezug auf die gewünschten Baumarten und Stückzahlen. Bei Produktionszeiten von 10 bis 15 Jahren für einen verkaufsfertigen Baum in den üblichen Größen ist immer damit zu rechnen, dass bei kurzfristigen Bestellungen die Bäume in den gewünschten Arten/Sorten, Qualitäten und Stückzahlen nicht verfügbar sind. Das betrifft nicht nur die gebietsheimischen Sortimente, sondern auch die „Normalware“. Dann müssen die Planer auf andere Baumarten ausweichen. Schlimmer ist es noch, wenn die Baumschulen gezwungen sind, verkaufsfertige, aber nicht nachgefragte Arten zu roden.
Matthias Lösch, Vizepräsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL), präsentierte seine Forderungen Ideen zum Thema „Wie kann die Baumpflege in Zukunft Alleen erfolgreich begründen und sichern?“. Wichtig seien zum Einen die fachliche Organisation und entsprechende Berufs- und Fortbildung sowie die entsprechenden Fachnormen. Zum anderen müssten die politischen Rahmenbedingungen gegeben sein: Konsequenz in der Neuanlagenplanung, fachliche Standards bei der Vergabe, Bekenntnis zur Notwendigkeit der langfristigen Unterhaltung sowie staatliche Förderung der Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Rolle des bürgerschaftlichen Engagements
Viele Alleen würden ohne das bürgerschaftliche Engagement heute nicht mehr existieren. Das war das Thema beim Podiumsgespräch „Welche Aufgaben hat bürgerschaftliches Engagement bei der Zukunftssicherung unserer Alleen?“ Katharina Dujesiefken, Referentin Baum- und Alleenschutz des BUND Mecklenburg-Vorpommern, hatte dazu zwei Referenten eingeladen, die über erfolgreiche Aktionen zur Rettung von Alleen berichteten. Kirstin Nieland, Sachverständige Bund Deutscher Forstleute, stellte die erfolgreiche Aktion mit den „Wanderbäumen“ in Bochum vor, um Vorschläge für neue Pflanzungen im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar zu machen. Ralph Fröhlich, Konferenz für Urban Transformation Design aus Offenburg, beschrieb, wie die 1880 gepflanzte Allee mit 300 Bäumen in der Weingartenstraße/Moltkestraße durch Petitionen, Pressearbeit, kreative Proteste, Demonstrationen, Versammlungen und Vernetzung gerettet werden konnte.
Beide Redner betonten, dass der Erhalt von Alleen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Dazu müsse man sich Mitstreiter suchen, bürgerliches Engagement entwickeln, den Mut haben, sich einzumischen, und sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Die Bildung von Alleenschutzgemeinschaften, Vergabe von Alleenpatenschaften und die Unterstützung durch örtliche Vereine seien bewährte Maßnahmen zum Erhalt und Pflege von Alleen.

„In die Schönheit der Infrastruktur investieren“
Zu Beginn der Podiumsdiskussion „Nachhaltige Alleenentwicklung“ stellte Oliver Hoch, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin-Brandenburg und Moderator, an die Teilnehmer die Frage: Was wäre zu tun, um Alleen zu erhalten und neue zu schaffen? Karlheinz Jungbeck, Tourismuspräsident des ADAC, stellte fest, dass der ADAC schon vor 15 Jahren ein Freund der Alleen gewesen sei. Ohne den ADAC gebe es heute die Deutsche Alleenstraße nicht. Sie müsse wieder mehr ins Bewusstsein geholt, aufgewertet und weiterentwickelt werden – und diene damit auch der Förderung des Tourismus. Alleen und Autofahren sind aus seiner Sicht keine Gegensätze. Es sollte auch in die Schönheit der Infrastruktur investiert werden.
Christian Hönig, Abteilungsleitung Biodiversität beim BUND Bundesverband, betonte, dass die Wertschätzung für das Lebewesen Baum, die kulturelle Bedeutung der Alleen, die damit verbundenen Emotionen sowie das Wissen um die Bäume stärker vermittelt werden müssen. Auch für ihn sind sie Teil der Infrastruktur. Auftretende Finanzierungsprobleme müssten gelöst werden. Dr. Reiter wies darauf hin, dass die geplanten Maßnahmen auch umgesetzt werden müssen. Für die Anlage und Pflege sei Kontinuität bei den Mitarbeitern und ständige Schulung erforderlich.
Christoph Rullmann von der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Alleenstraße (die mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – Bundesverband zusammen arbeitet), bekräftigte, wie wichtig es sei, Partner, „Treiber“ und Akteure zu gewinnen, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Zur Tagung erschien mit allen Tagungsbeiträgen sowie weiteren Beiträgen das DGGL-Themenbuch Nr. 20 „Alleen – Perspektiven im Klimawandel“, das zum Preis von 21,- € über info@dggl.org bestellt werden kann. Am 16. Oktober 2025 wird die „3. Alleentagung Berlin & Brandenburg“ in der Berliner Hochschule für Technik stattfinden.
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