Rot-Eiche (Quercus rubra)
Was können unsere Stadtbäume der Zukunft sein? In der Serie „Steckbrief Klimabaum“ stellt Dr. Philipp Schönfeld Baumarten vor, die im Rahmen des Projektes Stadtgrün 2021 auf ihre Tauglichkeit untersucht wurden. Hier kommt sein nächster Tipp, die Rot-Eiche, der umstrittene Baum des Jahres 2025.
von Dr. Philipp Schönfeld erschienen am 10.04.2025Deutscher Name: Rot-Eiche
Botanischer Name: Quercus rubra
Verbreitung: Nordamerika, großes Verbreitungsgebiet, das im Norden bis in die boreale Zone Süd-Kanadas reicht, südlich bis Florida und Texas, westlich bis Kansas. Diese Eichenart steigt im Gebirge am höchsten hinauf, bis 1.600 m ü. NN
Lebensbereichkennziffer: 4.2.2.1 4. Lebensbereich: Artenarme Wälder und Gehölzgruppen: Gehölze der locker aufgebauten, artenarmen Mischwälder, an lichten Waldrändern, auf Magerweiden u. ä. mit Buschgesellschaften
2. anpassungsfähige, aber anspruchsvollere Gehölze trockener bis frischer Standorte, sauer bis schwach alkalisch; sandig-humos bis lehmig
2. sonnig, gelegentlich lichtschattig, wärmeliebend; meist frosthart bis frosthart, gelegentlich spätfrostgefährdet
1. Großbaum > 20 m
Weitere Baumarten in diesem Lebensbereich sind zum Beispiel Pinus jeffreyi, Quercus petraea, Q. coccinea und Q. dentata.
Wuchs: Bis 25 (–40) m hoher, raschwüchsiger, geradschäftiger Baum mit durchgehendem Leittrieb, im Alter breit ausladend und kegelförmig, bis 20 m breit
1Triebe: anfangs behaart, teils leicht kantig, glänzend rotbraun, Borke hellgrau, glatt, erst im Alter mit schmalen, dünnen Schuppen besetzt
Blätter: Spät austreibend, länglich bis verkehrt eiförmig, 10–22 cm lang, Basis meist keilförmig, jederseits 3–5 breite, unregelmäßig gezähnte Lappen, die Buchten höchstens bis zur Mitte der Spreitenhälfte gehend, Blattlappen breiter als die Buchten, oberseits stumpf dunkelgrün, kahl, unterseits heller, gelblich grün oder graugrün, bis auf rotbraune Achselbärte kahl, Stiel 2–5 cm lang, Herbstfärbung sehr auffallend orange-bis scharlachrot. Das Laub wird kaum durch Mehltau befallen.
2Blüten: Ende April/Anfang Mai, weibliche und männliche Blüten an einem Baum, also „einhäusig“
Früchte: Eicheln fast sitzend, breit eiförmig, unten abgeflacht, in eine Spitze auslaufend, in einem ganz flachen Becher
3Hinweise zur Verwendung: Die Rot-Eiche wurde bereits Ende des 17. Jh. nach Europa eingeführt und hat sich als ein sehr wertvoller und schnellwüchsiger Wald-, Park- und Straßenbaum erwiesen. Ihr Wert liegt nicht nur im schnellen Wuchs, sondern auch in der imposanten Gestalt im Alter, ihrer Robustheit und Gesundheit, der glänzend grünen Belaubung, sowie der prächtigen Herbstfärbung. Sie ist eine anspruchslose sowie anpassungsfähige Baumart und bringt noch auf geringwertigen Böden, wo die heimischen Eichenarten versagen, gute Wuchsleistungen. Deshalb wird sie auch zur Aufforstung von Tagebaukippen, Halden und Schüttböden verwendet. Bevorzugt werden jedoch sandige bis sandig-lehmige durchlässige Böden, die sauer bis neutral sind. Diese werden intensiv durchwurzelt, was ihr eine gute Standfestigkeit bei Stürmen verleiht.
Aufgrund ihrer guten Eigenschaften und in Kombination mit der Hitze- und Trockenheitsverträglichkeit eignet sich die Rot-Eiche auch sehr gut als Straßenbaum für breite Straßen und große Plätze, wo sie allerdings ausreichend groß bemessene Baumgruben benötigt. Die GALK-Straßenbaumliste stuft sie als „geeignet mit Einschränkungen“ ein. Als Lichtbaumart muss sie frei stehen und der Standort sollte nicht durch größere Gebäude beschattet werden, da sie sonst eine einseitige Krone entwickeln würde. Wie viele andere amerikanischen Gehölze benötigt sie saure bis neutrale Böden. Auf alkalischen Böden leidet sie unter Chlorosen. Das schränkt ihre Verwendungsmöglichkeiten ein, denn die im Siedlungsbereich anstehenden Böden sowie die gängigen Baumsubstrate weisen oft einen pH-Wert über 7 auf.
In der KLAM von Roloff, Bonn und Gillner ist die Rot-Eiche in die Kategorie 2.2 eingestuft: Trockentoleranz und Winterhärte geeignet. Weitere Arten in dieser Kategorie sind zum Beispiel Acer × freemanii, Carya illinoinensis, Catalpa speciosa, Corylus colurna, Fraxinus excelsior, Gymnocladus dioicus, Liquidambar styraciflua, Quercus palustris, Tilia × europaea und Ulmus laevis.
Nachdem die Rot-Eiche anfangs nur als Park- und Straßenbaum Verwendung fand, begannen zwischen 1735 und 1740 erste Anbauversuche im Forst, die ab 1880 stark ausgedehnt wurden. Mittlerweile ist sie (zusammen mit der Douglasie) die wichtigste nichtheimische Laubholzart der mittel-europäischen Forstwirtschaft. In Deutschland beträgt ihr Anteil an der Waldfläche 0,5 %.
Die Rot-Eiche zeigt bis zum Alter 100 im Vergleich zu heimischen Eichen eine um 20 bis 50 % höhere Wuchsleistung. Besonders auf armen Sandstandorten ist sie den heimischen Eichenarten in der Massenleistung deutlich überlegen. Im Hinblick auf den Klimawandel erhöht die Beimischung von Q. rubra als eine an mittlere Störungen gut angepasste Art die Resilienz von Waldökosystemen gegenüber Veränderungen des Störungsregimes und kann so dazu beitragen, auch unter deutlich veränderten Bedingungen grundlegende ökosystemare Funktionen des Waldes aufrechtzuerhalten.
Sorten
Q. rubra ‘Aurea’, Laub goldgelb, kaum vergrünend, Herbstfärbung wie die Art, Wuchshöhe/-breite 10-15 m, für besondere Gestaltung und kleinere Räume, selten im Handel
Q. rubra ‘Schrefeldii’ wurde vom Inspektor Schrefeld in Sämlingsbeeten der Muskauer Baumschule ausgelesen. Lappen der Blätter tief eingeschnitten, oft übereinanderliegend, am Grunde lang keilförmig in den Stiel übergehend; wohl sehr selten im Handel.
Rot-Eiche klimaresistent – aber umstritten
Die Wahl der Rot-Eiche als nicht heimische Art zum Baum des Jahres hat Diskussionen ausgelöst. Eine Schwarz-Weiß-Einstellung im Sinne von „alle heimischen Gehölze sind gut“ und „alle fremdländischen Gehölze sind schlecht“ und wird der Sache nicht gerecht. Wie immer in der Pflanzenverwendung ist eine differenzierte und standortbezogene Betrachtung erforderlich.
Die Wahl der Rot-Eiche wurde sowohl vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e. V. (LBV) als auch dem NaturGarten e.V. in entsprechenden Pressemitteilungen scharf kritisiert. In der Ausgabe „Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen“ vom Bundesamt für Naturschutz steht die Rot-Eiche auf der Schwarzen Liste - Managementliste1).
Auf der anderen Seite ist das Land Brandenburg Partnerland für den Baum des Jahres 2025 und hat anlässlich der Bekanntgabe durch die „Baum des Jahres – Dr. Silvio Wodarz Stiftung“ eine Rot-Eiche im Forstbotanischen Garten Eberswalde gepflanzt. In der Pressemitteilung vom 24. Oktober 2024 wird nicht nur ihre ästhetische Wirkung gelobt, sondern auch die positive Rolle beim vorbeugenden Waldbrandschutz in den in Brandenburg weit verbreiteten Kiefernwäldern und bei der Anpassung an die Klimaveränderungen.
Kritisiert wird vom NaturGarten e.V. und dem LBV unter anderem, dass die Rot-Eiche – im Vergleich zu den heimischen Eichenarten – nur wenigen Insektenarten als Lebensgrundlage dient und so die Artenvielfalt gefährdet wird. Die naturschutzmäßige hohe Wertigkeit unserer heimischen Eichenarten erreicht sie naturgemäß nicht. In Mischbeständen mit heimischen Eichenarten erhöht sich allerdings die Zahl der Insektenarten. Die verringerte Artenzahl führt andererseits dazu, dass die Rot-Eiche weitgehend frei von Schädlingen ist.
Gefährdung der Artenvielfalt als gering eingesschätzt
Abgesehen davon zeigen sich bereits Ansätze einer ökologischen Integration vor allem durch die Besiedlung mit zahlreichen Pilzen, die am Anfang von Nahrungsketten stehen und zur Schaffung geeigneter Strukturen für einheimische Lebensgemeinschaften beitragen (Nagel, 2015). Ob bei einem Flächenanteil der Rot-Eiche im Forst von derzeit lediglich 0,5 % tatsächlich eine Gefährdung der Artenvielfalt zu befürchten ist, erscheint deshalb zweifelhaft.
Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem weit überwiegenden Anteil der Q.-rubra-Vorkommen in Deutschland um aus forstwirtschaftlichen und landschaftsgestalterischen Gründen künstlich begründete Bestände handelt (Nagel 2015). Hauptgrund hierfür ist ihr geringes Ausbreitungspotenzial, das sich ergibt aus der fehlenden vegetativen Vermehrung durch Wurzelbrut und einem hohen Verbissdruck der Sämlinge und Jungbäume. Eichelhäher und Eichhörnchen bevorzugen die Eicheln der heimischen Arten. Sie tragen also wenig zur Verbreitung bei. Die Eicheln werden aber von anderen Wildtieren gerne als Nahrungsquelle genutzt. Das relativ hohe Reproduktionspotenzial kommt dadurch nicht zum Tragen.
Zudem spielt die geringe Konkurrenzkraft im Wettbewerb mit heimischen Schattenbaumarten wie Rotbuche, Hainbuche und Winterlinde eine wichtige Rolle. Bei dichter Überschirmung verkümmern junge Rot-Eichen, gegen Buchenverjüngung können sie sich in der Regel nicht durchsetzen. Aus diesen Gründen wird die Rot-Eiche vom Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus als „nicht invasiv“ eingestuft siehe Homepage.
Punktuell bestehen Konflikte mit naturschutzfachlichen Zielen in lichten und warmen Sonderbiotopen, die vor allem aus der beschattenden Wirkung der Baumart resultieren. Besonders bekannt ist die Verdrängung heimischer Eichenarten durch die Rot-Eiche an Felsbiotopen in der Sächsischen Schweiz. Hier sowie generell auf Waldgrenzstandorten sowie Felsen und deren Umfeld wurde die Bekämpfung von Q. rubra aus Naturschutzgründen empfohlen, der dafür notwendige Aufwand als überschaubar eingeschätzt (BfN).
Zum vorbeugenden Schutz von Felsenbiotopen wird bei Neuanpflanzungen von Q. rubra ein Mindestabstand von 2 km empfohlen. In Deutschland kann Q. rubra auf armen Standorten unter Kiefernschirm sowie lichten Eichenwäldern natürlich ankommen, ohne bisher eine aggressive Ausbreitung zu zeigen. Wobei auch hier der bevorzugte Wildverbiss der Art ein stark limitierender Faktor ist. Bei der Verwendung als Straßen- und Parkbaum im Siedlungsgebiet ist eine unkontrollierte Ausbreitung nicht zu befürchten.
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