Blumenwiesen mähen – aber wann?
Eine bunt blühende Blumenwiese steht auf der Wunschliste vieler ökologisch interessierter GartenbesitzerInnen mittlerweile ganz oben. Auch im öffentlichen Raum werden immer mehr Blumenwiesen angelegt und gepflegt. Aber wann ist der richtige Mähzeitpunkt? Birgit Helbig gibt die Antwort.
von Birgit Helbig, Abenberg erschienen am 04.06.2024Gerade nach den vergangenen Sommern, die mit ihrer Trockenheit viele Rasenflächen ohne Bewässerung zu staubigen Wüsten verwandelt haben, steigt die Nachfrage. Neben der richtigen Anlage stellen „echte“ Blumenwiesen (nicht zu verwechseln mit den sogenannten „Blühwiesen“ aus kurzlebigen, kunterbunten Saatmischungen) aber durchaus ungewohnte pflegerische Herausforderungen dar. Über die Lebewesen schonende Mähtechnik wurde ja schon berichtet.
Wann wird gemäht?
Die ebenso einfache, wie unbefriedigende Antwort lautet: nach Bedarf. Den perfekten kalendarischen Zeitpunkt gibt es nicht. Er hängt von verschiedenen äußeren Faktoren ab, die stark variieren können. Da sind einmal die Bodenbeschaffenheit und der daraus resultierende Charakter der Wiese. Fettwiesen auf nährstoffreichen Böden benötigen häufigere Mahd-Intervalle als extreme Magerwiesen auf Karst-oder-Sandböden, die im Extremfall mit einem einzigen Schnitt im Herbst auskommen. Weitere bestimmende Faktoren sind der jeweilige Beginn der Vegetationsperiode und die Niederschlagsmenge. 2024 ist da ja aktuell ein recht extremes Beispiel. In vielen Regionen Deutschlands begann das Wachstum bis zu 3 Wochen früher als normal, begleitet von kontinuierlich reichlichen Niederschlägen. In der Folge wuchsen die Wiesen extrem schnell auf und standen mancherorts Mitte Mai schon hüfthoch und in voller Gräserblüte. Oft wird ja das Abblühen der Margeriten als erster Schnittzeitpunkt angegeben, bei einer Wiese wie vor beschrieben ist das dann aber eigentlich schon zu spät. Denn für den Erhalt eines möglichst hohen Blütenreichtums sollte vor dem Abreifen der Gräsersamen gemäht werden, also im beschriebenen Fall auch schon mal im Mai. Somit fällt in Extremjahren wie heuer auch der „No-mow-may“- der „mähfreie Mai“ - als Orientierungshilfe aus.
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Zur Förderung eines möglichst reichen Artenspektrums ist es vorteilhaft den Mähzeitpunkt von Jahr zu Jahr, angelehnt an den Blühzeitpunkt der einzelnen Kräuter, etwas zu variieren, um unterschiedlichen Arten das Aussamen zu ermöglichen. Birgit Helbig
Was denn nun?
Prinzipiell gilt:
- Die Wiese mähen, bevor sie umfällt. Niedergedrücktes, faulendes Gras schadet der Entwicklung der lichthungrigen Rosetten der Blühkräuter.
- Zur Förderung des Blütenreichtums sollte zudem vor dem Ausfallen der Gräser gemäht werden. Sollten die Kräuter zu dem Zeitpunkt noch nicht blühen, werden sie nach dem Schnitt neu ansetzen.
- Wann immer möglich, sollte eine Fläche zeitversetzt, also nie alles auf einmal, gemäht werden. So bleibt Lebensraum der Wiesenbewohner erhalten und auch die Artenvielfalt wird gefördert, da unterschiedliche Reifezeiten der Samen in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt werden. So wird man einen eher überständigen, gräserlastigen Teilbereich zuerst mähen, während blütenreiche, noch stabil stehende Teilbereiche erst nach etwa 3 Wochen gepflegt werden. Im Hausgartenbereich kann man das sehr gut mit dem Ausmähen von Laufwegen und „Lichtungen“, zum Beispiel für Sitzplätze darstellen, die durch den Garten „wandern“.
- Die Häufigkeit weiterer Mähtermine richtet sich nach dem Neuaufwuchs. So kann es in sehr trockenen Jahren auch bei Fettwiesen genügen, einen zweiten Schnitt im Herbst anzusetzen, während in feuchten Sommern noch ein zusätzlicher Schnitt, meist Anfang August -idealerweise vor einer Trockenperiode- fällig wird.
- Wichtig ist die Mahd vor dem Wintereinbruch, um die Fläche kurz in die Vegetationsruhe gehen zu lassen, um ausreichend Licht und Luft an die Rosetten zu bringen, damit diese sich gut halten können. Nur bei sehr schütterem Aufwuchs kann darauf verzichtet werden, dann steht aber unmittelbar vor dem Neuaustrieb im Frühjahr ein Pflegegang zum „Ausstriegeln“ der trockenen Halme mittels Wiesenegge oder händisch mit der Harke an.
- Bei allen Mähterminen wird das Mähgut restlos abgeräumt. Vorteilhaft ist eine „echte“ Heumahd mit Liegenlassen des Mähgutes für 3-4 Tage bei sonnig-trockenem Wetter. In dieser Zeit reifen Kräutersamen nach („Notreife“), fallen aus und erneuern so den Bestand.
Zur Förderung eines möglichst reichen Artenspektrums ist es vorteilhaft den Mähzeitpunkt von Jahr zu Jahr, angelehnt an den Blühzeitpunkt der einzelnen Kräuter, etwas zu variieren, um unterschiedlichen Arten das Aussamen zu ermöglichen.
Das mag nun alles etwas kompliziert klingen, aber wer die Flächen (und das Wetter) beobachtet, wird bald die jeweils passende Strategie finden. So entstehen wertvolle und attraktive Wiesen von hohem ökologischen Wert, die Jahrzehnte lang ihre Attraktivität behalten.
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