Vom Schülerjob zum Head- Greenkeeper
Michael Busch kennt das Steigenberger Hotel Treudelberg Hamburg und dessen Golfplatz aus der Bauzeit. 1992 machte er sich als Zehnjähriger auf der Baustelle nützlich. Heute ist er Head-Greenkeeper der Anlage.
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Die großen Maschinen, die riesige Baustelle – wir fanden das damals schon total spannend“, erinnert sich Michael Busch an die Zeit, als die ersten Bahnen der Golfanlage in Hamburg-Treudelberg gebaut wurden. Die Spezialisten der englischen Firma Pierson verwandelten die 80 ha große Fläche, die im Naturschutzgebiet Alstertal liegt, in einen abwechslungsreichen 18-Loch-Golfplatz. Er ist eingebettet in die schleswigholsteinische Knicklandschaft mit ihren Wallhecken. Die Golfanlage liegt zwar in Hamburg, die Grenze zum benachbarten Bundesland ist aber nicht einmal 2 km Luftlinie entfernt. Dass die Golfplatzbauer damals aus England kamen, hat nicht nur mit dem Planer, dem britischen Golfplatzarchitekten Donald Steel, zu tun. „Die Engländer und auch die Amerikaner sind einfach virtuos im Umgang mit den Maschinen“, sagt Busch. Beim Shapen des Golfplatzes, also dem Modellieren des Geländes, macht ihnen so schnell keiner etwas vor. Nach Beendigung der Baumaßnahmen half Michael Busch weiter auf der Golfanlage mit, sammelte Bälle auf der Driving-Range ein und unterstützte die Greenkeeper bei der Arbeit. Das Engagement als Schüler sicherte ihm nach seiner Lehre als Landmaschinen- Mechaniker und der Bundeswehr einen Arbeitsplatz. Von 2002 bis 2010 sorgte er im Golfclub Treudelberg dafür, dass die Maschinen immer einsatzbereit waren, erlebte den Bau eines weiteren 9-Loch-Kurses mit, bildete sich ab 2005 an der Deula Rheinland zum Fachagrarwirt Golfplatzpflege weiter (siehe S. 44), anschließend zum Head-Greenkeeper und wurde Stellvertreter des langjährigen Course Managers Bob Hargreaves. Als dieser 2020 in den Ruhestand ging, übernahm Busch dessen Head-Greenkeeper-Stelle.
Für einen Golfplatz ist die Artenvielfalt groß
110 ha groß ist die Golfanlage-Treudelberg heute. Betreut wird sie von einem insgesamt elfköpfigen Team, von den Hotelkollegen kurz „Die Grünen“ genannt. „Neun Leute kümmern sich um die Golfanlage, zwei um die Grünanlagen des Golfhotels.“ Das Hotel war zusammen mit dem Golfplatz Anfang der 1990er-Jahre errichtet worden, firmiert heute als Steigenberger Hotel Treudelberg Hamburg und managt auch den Golfbetrieb. Die Arbeitszeit beginnt für die BILD: Steigenberger Hotel Treudelberg BILD: Steigenberger Hotel Treudelberg BILD: Steigenberger Hotel Treudelberg Hamburg BILD: Steigenberger Hotel Treudelberg Der Fuhrpark ist markentreu. Um 6.30 Uhr starten die Grünpfleger. Das „Shapen“ des Golfplatzes, also das Modellieren, will gelernt sein. Die Anlage bietet neben Golfrasen viel Natur. PORTRÄT 24 FM SPORT 2022/23 „Grünen“ in der Pflege um 6.30 Uhr. Manchmal hat Michael Busch da schon ein paar Löcher gespielt, die Natur und die Ruhe genossen und einige tierische Platzbewohner getroffen. Dachse, Füchse, Rehe, Fasane und Kaninchen fühlen sich auf Treudelberg wohl, mittlerweile haben sich sogar Eisvogel und Sumpfschildkröte angesiedelt. „Alle zehn Jahre beauftragen wir eine Bestandsaufnahme von Flora und Fauna“, berichtet Busch. Dann werden wochenlang Arten gezählt. „Wir sind immer wieder erstaunt, wie viele Pflanzen, Vögel und Insekten hier entdeckt werden, davon etliche, die auf der Roten Liste stehen.“ Etwa ein Drittel der Gesamtfläche des Golfplatzes wird intensiv gepflegt, zwei Drittel extensiv. Dort gibt es Hochstaudenflure, Blütenwiesen, Teiche mit Morastzonen und weitere Biotopflächen.
Beregnung mit Schockeffekt
3,2 ha Wasserflächen sind auf dem Golfplatz nicht nur gestalterische Elemente, sondern speichern das Beregnungswasser, das sich an sonnigen Tagen dann auf angenehme Temperaturen erwärmt. „Wenn wir direkt mit Brunnenwasser aus 50 m Tiefe beregnen, hat es etwa 6 bis 8 °C“, sagt Busch. Für die Gräser bedeutet das im Sommer eine eiskalte Dusche. „Sie verfallen dann erst mal in eine Art Schockstarre.“ Dieser Effekt kann in Hitzeperioden durchaus erwünscht sein. „Dieses Jahr hatten wir Phasen mit 39, 40 °C im Schatten. Wir haben die Gräser kurz mit kaltem Brunnenwasser beregnet, damit sich die Zellenöffnungen schließen und sie weniger transpirieren.“ Hitzeperioden und Starkregen verschaffen den Mitarbeitern auf dem Golfplatz mehr Arbeit. „Nach heißen Tagen ist der Sand in den Bunkern ausgetrocknet. Auf die Hitze folgt meist ein Starkregen. Der harte Boden kann nichts aufnehmen und die Bunker werden ausgeschwemmt“, nennt Busch ein Beispiel. In den vergangenen drei Jahren haben sich auch die Folgen der Corona-Pandemie auf dem Platz bemerkbar gemacht. „Die Rundenzahlen im Winter haben sich deutlich erhöht. Vor Corona sind viele Golfer ab Mitte Oktober in den Süden gefahren, um dort zu spielen. Jetzt bleiben sie hier, denn man kann hier fast das ganze Jahr hindurch golfen. Für uns bedeutet das mehr Bodenlockerungsarbeiten und mehr Nachsaaten.“ Damit die Greens und die Fairways gut in Schuss bleiben, ist ein ausgefeilter Düngeplan wichtig. „Wir entnehmen am Jahresende Bodenproben auf etwa acht bis neun Grüns, analysieren, wie viele Nährstoffe darin noch enthalten sind, und passen die Düngerbestellung für die kommende Saison daran an.“ Dabei setzt Busch auf einen Mix aus flüssigem, für die Gräser schnell verfügbarem Dünger und organischem Festdünger. Bald wird der Head-Greenkeeper wieder Bodenproben untersuchen lassen und seine Bestellung aufgeben – und rechnet dafür mit höheren Kosten als im vergangenen Jahr. Die Preise für Stickstoff, Phosphat und Kali stiegen bereits vor dem Krieg in der Ukraine, die hohen Energiepreise sorgen für weitere Erhöhungen. Sie machen sich auch bei den Betriebskosten bemerkbar. „Kraftstoff ist teurer, unsere Pumpen laufen kontinuierlich und benötigen Strom, und bei vielen Materiallieferungen ist es fast üblich, dass eine zweite Rechnung über eine Energie- Pauschalzulage beiliegt“, sagt Busch.
Leasing macht flexibel
Doch noch kommt der Head-Greenkeeper mit seinem Budget einigermaßen über die Runden. Maschinen, auch die Mäher, werden für vier Jahre geleast – das macht es möglich, Neues auszuprobieren. Beim Rasenschnitt ist man in Hamburg-Treudelberg von Toro überzeugt und hat bei Greensmähern nun auf elektrischen Antrieb umgesattelt. Die leisen Geräte erfreuen Golfer, Fauna und Mitarbeiter gleichermaßen. Was die Leistungsfähigkeit angeht, schafft ein Mäher mit einer Akkuladung alle 27 Greens. Bei den Fairway-Hybridmähern ist bisher lediglich der Spindelantrieb elektrisch. Hier ist nach 18 Spielbahnen Schluss. Seit vergangenem Jahr unterstützt ein autonomer Mäher das Greenkeeping-Team. Er wird über GPS, 3-D und Infrarotkameras gesteuert und fährt die Bahnen nach individueller Programmierung ab. An Übergängen stoppt das Gerät und holt sich per SMS einen Fahrer an Bord. Nach einer Lernphase wurde die Programmierung immer exakter und das Mähergebnis immer besser. Einzig in Sachen Arbeitsgeschwindigkeit kann die Maschine den menschlichen Kollegen noch nicht das Wasser reichen. Wie gut sich der Mäher in Zukunft ins Team eingliedert, wird sich zeigen. Die Spieler zumindest haben sich an das wie von Geisterhand gesteuerte Gerät gewöhnt. „Am Anfang war es manchen schon ein bisschen unheimlich“, schmunzelt Busch. Angst vor Kollisionen muss übrigens niemand haben: Erfasst die Kamera des Mähers ein Hindernis im Weg, stoppt er von selbst. Was sich Michael Busch für den Maschinenpark noch wünschen würde, wäre ein Landmaschinen-Mechaniker. Denn der Job, in dem er vor 20 Jahren beim Golf & Country Club Hamburg-Treudelberg angefangen hat, ist aktuell frei.
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