"Die Zeit für Sinnlos-Rasen ist abgelaufen"
Hajo Prickartz, Inhaber eines vielseitig aufgestellten Landschafts- und Grünpflegebetriebs in Stolberg, meldete sich in der FLÄCHENMANAGER-Redaktion mit einem Leserbrief zum Thema insektenschonendes Mähen. Darin stellte er einen diskussionswürdigen Ansatz zum Pflegemanagement vor - für private wie für öffentliche Flächen.
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"Neulich las ich in einer anderen Fachzeitschrift in einem Artikel zum naturnahen und insektenschonenden Mähen die Aussage, die Technik sei nicht praxisreif. Dem kann ich so nicht zustimmen. Die erforderliche Technik ist erprobt und bewährt, denn wir nutzen sie seit Jahrzehnten. Alles, was im Moment so an neuer, angeblich insektenfreundlicher Technik auf den Markt geworfen wird, halte ich überwiegend für Augenwischerei.
Ich sehe das Problem eher im Pflegemanagement. Da gibt es ja mittlerweile die tollsten Konzepte: streifenweise Mahd, mal die eine Teilfläche, dann wieder die andere, ein Jahr hier, das nächste Jahr dort, oder einfach seltener mähen. Letzteres sehe ich besonders kritisch, heißt dies doch im Endeffekt nur, dass wir warten, bis sich möglichst viele Lebewesen dort angesiedelt haben, um sie dann auf einen Schlag zu vernichten.
Meines Erachtens gibt es nur ein sinnvolles Konzept, wenn wir Kleinlebewesen wirklich schützen wollen. Wir sollten alle Flächen, die für die Sicherheit, den Bauwerkserhalt oder aufgrund ihrer Nutzung von Bedeutung sind, so oft und so tief mähen, dass sie für diese Tiere von vorneherein uninteressant sind. Alle anderen Flächen gar nicht! Denn wer nicht auf der Fläche lebt, kann dort auch nicht getötet werden.
Das Schnittgut sollte einer sinnvollen Nutzung, zum Beispiel durch Biogasanlagen, zugeführt werden. Was dann auch einfacher wird, da sich auf kurz geschnittenen Flächen ja erfahrungsgemäß wesentlich weniger Unrat ansammelt beziehungsweise dieser sich auch leichter vor dem Mähen entfernen lässt.
Wir müssen endlich begreifen, dass wir es uns nicht mehr leisten können, mehr Fläche zu beanspruchen, als wir wirklich benötigen! Wenn wir all die Flächen, die wir nicht wirklich brauchen, einfach der Natur überlassen, wird diese am besten wissen, was sie damit anfangen soll. Die Zeit für Sinnlos-Rasen und riesige Zierrasenflächen ist abgelaufen.
Dies muss natürlich wie für öffentliche Flächen ebenso auch für private gelten. Es kann nicht sein, dass man entlang einer Bundesstraße die Leitpfosten kaum noch sieht, der Nur-so-da-Rasen der anliegenden Gewerbebetriebe aber raspelkurz geschnitten ist, wie ich es hier in der Umgebung kürzlich erst wiedergesehen habe. Wo werden dann wohl die wenigen überlebenden Kleintiere sich aufhalten, wenn dann irgendwann doch das Mähfahrzeug der Straßenmeisterei anrückt? Logischerweise in diesem nur wenige Meter breiten Streifen, wo sie dann letztendlich fast alle umkommen.
Uns als privaten Dienstleistern kommt dabei die Aufgabe zu, dies unseren Auftraggebern, sowohl der öffentlichen Hand als auch der Privatwirtschaft, zu vermitteln. Einige werden hier sicher wieder versuchen, besondere „Konzepte“ für möglichst viel Geld am Markt zu platzieren. Von der Auftraggeberseite her wird man möglicherweise versuchen, mit Hinweis auf die kleiner werdenden Flächen, Kosten zu sparen. Beides wäre natürlich verkehrt. Hier darf es ausschließlich um die gemeinsame Verantwortung unserer Umwelt gegenüber gehen. Nach meiner Einschätzung würde sich letztlich die Sache bei konsequenter Umsetzung wohl insgesamt kostenneutral gestalten."
Kommentare zu diesem Brief senden Sie bitte an cvonfreyberg@ulmer.de
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