Erst mal Probearbeiten – so geht’s
Die Probearbeit ist eine einfache, unbürokratische Möglichkeit festzustellen, ob sich Vorstellungen und Erwartungen von Arbeitgebern und potenziellen Mitarbeitern, die sich als Seiteneinsteiger bewerben, erfüllen. Dabei sind rechtlich einige Dinge zu beachten.
von Thomas Schneider erschienen am 25.08.2025Seiteneinsteiger oder Hilfskräfte können die Personalsituation entspannen und viele Aufgaben übernehmen. Bei Bewerbern, die bereits für einen Gartenbaubetrieb tätig waren und über die entsprechende Ausbildung oder Berufserfahrung verfügen, können beide Seiten abschätzen, wie die Zusammenarbeit erfolgen kann. Bei Kandidaten ohne Branchenerfahrungen ist dies weniger der Fall. Chancen und Risiken sind sehr viel höher; einer der Beteiligten stellt häufig fest, dass sich die Zusammenarbeit nicht wie erwartet entwickelt. Dann wäre die Auflösung des gerade abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses die Folge.
Vielfach werden Mitarbeiter gesucht, die schlicht anpacken können, die körperlichen Herausforderungen des Gartenbaus nicht scheuen. Gelegentlich stellen sich Menschen vor, die angabegemäß die notwendige Bereitschaft und körperlichen Voraussetzungen verfügen, aber keine formalen Nachweise besitzen. Dies trifft vor allem auf ausländische Kandidaten zu, zumal duale Berufsausbildungen nur in Deutschland und Österreich bekannt sind.
Da bekanntlich viel versprochen werden kann, ist ein Probearbeiten die beste Möglichkeit der Überprüfung. Bereits die Bereitschaft zur Probearbeit ist ein wichtiger Hinweis des Bewerbers bezüglich seines Vertrauens in die eigene Leistungsfähigkeit und die Motivation bei der Stellensuche. Für den Unternehmer erfolgt Probearbeit ohne Bezahlung und weitere Verpflichtung, allerdings müssen gewisse Voraussetzungen eingehalten werden. Ansonsten begründet die Probearbeit ein Arbeitsverhältnis mit den damit verbundenen Rechten des Arbeitnehmers. Werden die Regeln beachtet, muss nicht passiv auf Bewerber gewartet werden, vielmehr kann das Angebot zur Probearbeit auch öffentlich bekannt gemacht werden.
Unterschiede zwischen Probearbeiten und Probezeit
Eine Probezeit setzt einen Arbeitsvertrag voraus, womit arbeitsrechtliche Vorgaben bestehen. Bei Probearbeitstagen hingegen schließen Betrieb und Bewerber keinen Arbeitsvertrag ab, sondern lediglich eine Vereinbarung zum Probearbeiten. Auf Basis der Probearbeit kann eine Einordnung und Entgeltfestsetzung erfolgen, ohne dass ein bereits bestehender Arbeitsvertrag angepasst werden müsste. Beim Probearbeiten handelt es sich um ein Einfühlungsverhältnis, dies besteht laut Rechtsprechung, wenn währenddessen keine gegenseitigen Rechte und Pflichten vereinbart werden (LAG Rheinland-Pfalz, Aktenzeichen 2 Sa 87/07).
Kennzeichen des Probearbeitens ist die Unverbindlichkeit für die Beteiligten. Beide Seiten lernen einander kennen und können abwägen, ob eine dauerhafte Zusammenarbeit wünschenswert ist. Der potenzielle Mitarbeiter lernt Betrieb und Arbeitsalltag kennen, erhält dafür keine Bezahlung; eine Aufwandsentschädigung, zum Beispiel für Fahrtkosten, darf hingegen erfolgen.
Aufgaben während der Probearbeiten
An Probetagen können Kandidaten allenfalls kleinere Aufgaben erledigen, damit von einem Einfühlungsverhältnis gesprochen werden kann. Ein Bewerber sollten an diesem Tag möglichst nur mitlaufen und keine verwertbaren Arbeitsleistungen erbringen, die üblicherweise entlohnt werden. Eine Möglichkeit ist, dass der Bewerber bei einer zeitlich begrenzten Aufgabe einen Teil davon übernimmt, wobei man selbstverständlich darüber sprechen kann, wie der Kandidat die Gesamtaufgabe angehen und lösen würde. Ergänzend ist der Bewerber darauf hinzuweisen, dass er zu keiner Arbeitsleistung verpflichtet ist, wie es bei einem Arbeitsverhältnis der Fall ist.
Dauer und Bezahlung
Die Rechtsprechung nennt keine eindeutige Stunden- oder Tagesanzahl, vielmehr kommt es auf die Gesamtbetrachtung an. Dennoch sollte die Probearbeit allenfalls einige Tage, maximal eine Woche andauern, um kein Arbeitsverhältnis unbeabsichtigt zu begründen. In der Praxis reichen häufig einige Stunden aus, wenn eine entsprechende Vorbereitung erfolgte und eine klar abgrenzbare Aufgabe ausgeführt oder begleitet wird.
Bewerber müssen während der Probearbeit nicht entlohnt werden, der Mindestlohn gilt nicht. Bei einer längeren Anreise sollten fairerweise die Fahrtkosten erstattet werden. Erfolgt eine Entschädigung für den zeitlichen Aufwand, ist eine eindeutige Formulierung notwendig, die festhält, dass es sich nicht um eine Arbeitsvergütung handelt.
Zustandekommen eines Arbeitsvertrags
Wird ein Bewerber in den Betrieb und seine Abläufe integriert, könnte er eine Bezahlung für seine geleistete Arbeit fordern, auch ohne bestehenden Arbeitsvertrag. Um Arbeitnehmer vor Ausbeutung zu schützen, gehen Arbeitsgerichte bei einem Übersteigen der Tätigkeiten und Instruktionen des Chefs über das Kennenlernen hinaus vom stillschweigenden Abschluss eines Arbeitsvertrags aus (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. März 2005 – 4 Sa 11/05). Folgende Indizien könnte ein Probearbeiten als Abschluss eines Arbeitsvertrags bewerten:
- Der Bewerber übt eine weisungsabhängige Arbeit aus, der Bewerber erwirtschaftet Gewinn für das Unternehmen.
- Bewerber und Arbeitgeber vereinbaren eine Vergütung.
- Der Bewerber muss an seinem Probetag festgelegte Arbeitszeiten und Pausen einhalten.
- Der Bewerber muss eine Dienstkleidung tragen, wobei notwendige Ausrüstung zum Unfallschutz selbstverständlich zur Verfügung gestellt wird.
Vor einem Arbeitsgericht kommt es auf den Einzelfall an, es entsteht nicht unmittelbar ein Arbeitsverhältnis, wenn eines der aufgeführten Indizien zutrifft. Der Gartenbau-Unternehmer sichert sich zusätzlich ab, indem er ein internes Protokoll der Schnupperphase anfertigt und die Tätigkeiten des Probearbeiters darin dokumentiert. Unwesentlich ist, welche Bezeichnung dem Probearbeiten gegeben wird. Rechtlich relevant ist, was tatsächlich geschieht.
Unbeabsichtigter Arbeitsvertrag – was dann?
Unternehmer sollten die Vorgaben sorgfältig einhalten. Kommt ein Arbeitsvertrag unbeabsichtigt zustande, hat dies erhebliche Folgen für den Betrieb. Kann der Bewerber nachweisen, dass das Probearbeiten einem Arbeitsverhältnis entsprach, muss der Arbeitgeber die geleistete Arbeitszeit entlohnen.
Weiterhin könnte ein Arbeitsgericht festlegen, dass durch die Überschreitung der Voraussetzungen für das Probearbeiten stillschweigend ein Arbeitsverhältnis geschlossen wurde, welches nur schriftlich und mit einer entsprechenden Kündigungsfrist beendet werden kann (§ 623 BGB). Selbst bei sofortiger Kündigung ist in der Regel die Nachzahlung eines Monatslohns zu befürchten.
Vertrag zur Probearbeit
Eine schriftliche Vereinbarung zwischen Bewerber und Betrieb grenzt das Probearbeiten gegenüber einem normalen Arbeitsverhältnis ab. Die wichtigsten Punkte einer Vereinbarung sind:
- Name des Bewerbers
- Ort des Probearbeitens
- Zeitraum der Probephase
- Ansprechpartner für den Bewerber
- Hinweis, dass keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung besteht
- Vermerk, dass beide Seiten die Probearbeit jederzeit mündlich beenden können
- keine Entlohnung der Arbeit oder alternativ eine Aufwandsentschädigung
- Versicherung des Bewerbers über den Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung.
Probearbeit bei bestehendem Arbeitsverhältnis
Probearbeit ist auch bei einem anderen, bestehenden Arbeitsverhältnis möglich. Ob dies einen Verstoß gegen den bestehenden Arbeitsvertrag darstellt, muss der Bewerber prüfen, nicht der Unternehmer, welcher zum Probearbeiten einlädt. Arbeiten arbeitslose Kandidaten zur Probe, müssen sie dies der Bundesagentur für Arbeit melden. Das Versäumen kann nach einem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25. Januar 2021 – L 11 AL 15/19) zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen.
Anmeldungen und Versicherungen
Bis zum Zustandekommen eines Probearbeitens muss der Betrieb den Kandidaten weder beim Finanzamt noch bei den Sozialversicherungsträgern anmelden. Bei einem Unfall während des Probearbeitens greift die gesetzliche Unfallversicherung. Ein Kandidat ist als „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert (Bundessozialgericht, Urteil vom 20. August 2019, Az. B 2 U 1/18/R). Voraussetzung ist die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft, welche bei einer kurzen Probearbeit unbürokratisch erfolgt. Arbeitslose fallen unter die gesetzliche Unfallversicherung, wenn sie auf Veranlassung der Agentur für Arbeit zu einem Schnuppertag geschickt werden (LSG NRW, Urteil vom 16. Februar 2000, Az. L 17 U 290/99).
Schäden, die ein Bewerber im Rahmen des Probearbeitens verursacht, deckt dessen private Haftpflichtversicherung ab. So sinnvoll und notwendig diese für jeden ist, verfügen nicht alle Bewerber darüber, insbesondere ausländische Kandidaten ist diese Versicherung unbekannt. Der Betrieb sollte dies bei der Aufgabenvergabe berücksichtigen, beispielsweise wenn es um den Einsatz teurer Maschinen geht.
Weiteres Vorgehen
Am Ende wird von beiden Seiten die Entscheidung getroffen, ob ein Arbeitsverhältnis eingegangen werden soll. Auf Seiten des Betriebs sollte derjenige die Entscheidung treffen, dem der potenzielle Mitarbeiter zuarbeiten soll. Dies kann, muss aber nicht, der Inhaber sein. Eine faire Entlohnung passt sich in das bestehende Gefüge ein. Damit die Mühen der Einarbeitung nicht durch ein plötzliches Ausscheiden des neuen Mitarbeiters obsolet werden, kann ein stufenweiser Lohnanstieg vereinbart werden, ebenso ist eine feste Prämie nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit möglich.
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