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Eichenbestand in Südlohne

Rätselhafte Schäden – Bäume reagieren

Rindenschäden in einem Eichenbestand geben Rätsel auf. Es kommen viele Ursachen infrage, darunter Schwächeparasiten, gegenüber denen durch Trockenheit gestresste Bäume anfällig sind. Prof. Dr. Rudolf Kehr hat sich die Sache genauer angesehen.

von Carl Hesebeck erschienen am 03.02.2025
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In einem Waldbestand in Lohne weisen viele Eichen ovale Verletzungen am Stamm auf. Woher stammen sie?
In einem Waldbestand in Lohne weisen viele Eichen ovale Verletzungen am Stamm auf. Woher stammen sie? © Carl Hesebeck

An Bäumen unterschiedlichen Alters lassen sich auch nach Jahren über das Rindenbild alte Schäden zurückverfolgen. Die Schäden können dabei auf ganz unterschiedliche Art entstanden sein: Vielleicht hat ein Rehbock den Bast seines neuen Gehörns an einem jungen Bäumchen abgerieben und so gleichzeitig sein Revier markiert? Vor allem im Bereich von viel befahrenen Straßen kommt so mancher Schaden am Stamm durch einen Unfall zustande. Es gibt allerdings auch Verletzungen an Bäumen, für die sich so schnell keine Erklärung findet.

In Südlohne haben viele Bäume in einem kleinen Eichenbestand über den ganzen Stamm verteilt Rindenschäden. Deutlich lässt sich erkennen, dass Eichen und auch Buchen versuchen, diese Verletzungen durch die Bildung von neuer Rinde und neuem Holz wieder zu verschließen. Wenige hundert Meter weiter ist die Rinde der Bäume nicht so auffällig beschädigt. Eine schnelle Erklärung findet sich dafür auf den ersten Blick nicht – kommen eventuell starke Hagelschauer als Verursacher infrage?

Proben an die HS Göttingen geschickt

Um der Ursache auf den Grund zu gehen, wurden deshalb Mitte Juli Proben in dem Eichenbestand gesammelt. Weil ohnehin gerade eine Pflegemaßnahme anstand, wurden aus mehreren betroffenen Stämmen Schadbilder herausgesägt und nummeriert. Per Post wurden die Holzproben anschließend nach Göttingen zu Prof. Dr. Rolf Kehr geschickt. Der Wissenschaftler ist Dozent an der Fakultät Ressourcenmanagement der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) im Bereich Gehölzpathologie und Mykologie – Kehr ist also Experte für verschiedenste Krankheiten und Schäden an Bäumen. „Wären die Verletzungen bei den Bäumen auf einer Seite konzentriert, wäre Hagel als Verursacher recht wahrscheinlich. Dann sollten sich die Schäden aber eigentlich auch in den benachbarten Beständen feststellen lassen“, erklärt Rolf Kehr.

Den Zeitpunkt des Schadeneintritts kann der Fachmann durch Auswertung der Jahrringe vor allem auf den Beginn der aktuellen Megadürre datieren. „Allerdings gibt es auch Hinweise, dass ein Teil der Verletzungen schon älter ist und 2015 oder 2016 entstanden sein könnte. Das waren ebenfalls trockene Sommer“, ergänzt Kehr. Die Eichen und Buchen in Südlohne wachsen auf eher schwachen Standorten, die Böden sind also kaum mit Nährstoffen und Wasser versorgt. Der Sandboden hält Niederschläge nur schlecht, das Wasser versickert schnell in tiefere Schichten. Trockenheit macht den Bäumen hier also recht schnell zu schaffen.

Positiv beurteilt Kehr die Reaktion der Bäume auf die Schäden: Sie versuchen durch die Bildung von neuem Gewebe, die Verletzungen zu schließen – das allerdings dauert mehrere Jahre bis Jahrzehnte. Als Verursacher kommen eine Reihe von Pilzen infrage, die zu den Schwächeparasiten gezählt werden. Sie werden also durch vorangehende Faktoren begünstigt, etwa durch Insektenfraß oder wie eventuell in Südlohne durch anhaltende Trockenheit. „Diese Schwächeparasiten kommen also immer dann zum Zuge, wenn die Bäume ohnehin schon in ihrer Vitalität geschwächt sind“, sagt Rolf Kehr.

Die Bäume versuchen, die Wunden wieder mit Rinde und Holz zu verschließen. Das dauert mehrere Jahre bis Jahrzehnte.
Die Bäume versuchen, die Wunden wieder mit Rinde und Holz zu verschließen. Das dauert mehrere Jahre bis Jahrzehnte. © Carl Hesebeck

Zurückgehende Jahrringbreiten

Auffällig an den eingesandten Proben sind insbesondere die zurückgehenden Jahrringbreiten, die der Wissenschaftler für die vergangenen sieben Jahre ermittelt hat. Zwischen 2018 und 2021 lassen sich die Jahrringe bei manchen Eichen kaum noch auszählen. „Da gibt es praktisch nur noch Frühholz, sodass ich nicht zuverlässig zählen kann“, erklärt Rolf Kehr. Vergleichbare Schäden kennt der Experte aus der Region rund um Göttingen – nach dem Trockenjahr 2003 wiesen junge Buchen und Ahornbäume vergleichbare Schäden auf. „Damals haben wir den Pilz Zimtscheibe als Verursacher ausgemacht, neben anderen Schaderregern“, erinnert sich Kehr.

Was nun genau in Südlohne für die auffälligen Rindenschäden gesorgt hat, bleibt im Detail ein kleines Rätsel. Das hängt mit dem Alter der mittlerweile teils geschlossenen, teils immer noch offenen Verletzungen zusammen: Für eine genaue Bestimmung braucht es frisch abgestorbene Rinde, derzeit breitet sich das Phänomen aber nicht weiter aus. Der Eichenbestand steht auch immer noch geschlossen da, es gibt keine flächigen Ausfälle unter den Bäumen. Wie sich der junge Wald in Zukunft entwickelt, bleibt im Kontext des Klimawandels indes abzuwarten – trockene Jahre und Verschiebungen des Niederschlags werden tendenziell eher zunehmen.

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