
Winterdienst in Zeiten des Klimawandels
Aus dem Logbuch eines Amtsleiters a. D. – diesmal geht es um das Streuen bei angespannter Haushaltslage.
von Ulrich Linder erschienen am 12.12.2025Ingolstadt stellt wie jede andere Kommune jedes Jahr aufs Neue seine Winterdienst-Teams vor Herausforderungen – vor allem in Zeiten des Klimawandels, wo die Temperaturen ebenso unvorhersehbar sind wie die anderen Launen der Natur. Die letzten Jahre haben uns gelehrt: Statt tief verschneiter Straßen gab es eher eine „Bratpfanne mit Frost“ – die Temperaturen pendelten fröhlich zwischen mildem Dauerregen und überraschendem Blitzeis.
Der Winterdienst ist zwar pünktlich zum ersten Frost einsatzbereit, manchmal zur Sicherheit auch schon im Oktober. Inzwischen jedoch streitet man über eine strategische Frage: Ist Streusalz oder die oft verwendete Sole auf frostfreiem Asphalt eine Verschwendung? Die Antwort bleibt abhängig vom aktuellen Haushaltsjahr. Denn mancher sieht in den „Großstreuwagen“ eher das Abbild eines „Rollenden Haushalts“, dessen Streugutspuren – wie einst die Brotkrumen von Hänsel und Gretel – dezent darauf hinweisen, wie weit das Budget reicht. Da reichen Kommentare wie „Völlig überflüssig!“ oder „Naja, ein bisschen Feuchtigkeit, das reicht schon für Glätte …“ und man weiß: Die Finanzlage ist stabil – oder eben nicht.
Sollte tatsächlich Blitzeis auftreten (meist natürlich pünktlich zum Berufsverkehr), ist die Stadt vorbereitet. Theorie und Praxis zeigen jedoch regelmäßig, dass auch der fleißigste Winterdienst nicht ganz gegen die Tücken der Lage gewappnet ist – Blitzeis fühlt sich da gerne mal an wie ein übermotivierter Praktikant, der ohne Vorwarnung loslegt, bevor der Rest Bescheid weiß.
Selbstverständlich darf die traditionelle Beschwerderunde der Bürger nicht fehlen, die alljährlich in sozialen Medien unter Hashtags wie #WinterdienstFail und #BlitzeisDesGrauens auflebt. In den offiziellen Verlautbarungen ist man natürlich dankbar für diese „Feedback-Kultur“, wobei ebenso klar ist: Die Erwartungshaltung an den Winterdienst ist noch immer hoch. Denn eins ist sicher: Spätestens zum ersten Glatteis-Tweet steht die Frage im Raum, warum denn in der einen und nicht in der anderen Straße alles spiegelblank gestreut ist.
Natürlich denkt die Stadt immer auch an die Zukunft. Das Thema Kostenersparnis schwebt immer wieder wie ein leicht beschneiter, aber düsterer Wintermantel über dem Rathausplatz. Aus gut informierten Kreisen hört man, dass die Straßen eventuell nur noch gestreut werden, wenn der Stadtrat den Wetterbericht höchstpersönlich konsultiert hat und alle Bürger ihre Thermometer draußen am Fenster kalibriert haben. Auch das könnte ja die Kosten senken. Und vielleicht gibt es irgendwann Schilder an den bekanntesten Kurven der Stadt: „Hier freiwillige Glättegefahr dank Klimawandel – für Ihre Haushaltsentlastung“.










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